Das Leben auf einer Baustelle ... „kann so schön sein”, lacht Bettina Piva. Und sie meint es ernst. Als sie und ihr Mann den alten, vergammelten, aber denkmalgeschützten Bahnhof Walsum vor rund eineinhalb Jahren für 93 000 Euro kauften, glaubten sie noch, schon im selben Jahr einziehen zu können.

Irrtum: Die fast 100 Jahre alte Hütte war so vergammelt, dass rund ein Jahr für Entrümpelungsarbeiten und Verhandlungen mit dem Denkmalamt wegen der Sanierung draufgingen. Bettina Piva, eine echte Frohnatur und Kämpferin, und ihr Mann Mario warfen die Flinte aber nicht ins Korn. Sie rödelten Tag für Tag fast rund um die Uhr und setzten als nächsten Einzugstermin fest: Sommer 2009.

Man glaubt es kaum: Dieses Mal klappte es. Zwar nicht ganz so, wie die Pivas sich das gedacht hatten, „aber was soll's?!”, sagt die Hauseigentümerin. Ihr war nur eines wichtig: Sie wollte das Haus zumindest soweit aufmöbeln, dass sie ihren 50. Geburtstag dort feiern konnte. Das war vor ein paar Tagen.

Gut, die Fete fand auf der Baustelle statt, ohne richtige Heizung, in Räumen mit unverputzten Wänden, zwischen Stützvorrichtungen, die die maroden Deckenbalken sichern. Aber in den eigenen vier Wänden. Die, trotz des Staubs, trotz einfacher Einrichtung doch schon sehr heimelig wirken, Wärme ausstrahlen und erahnen lassen, wie toll es eines Tages sein wird, in einem Schmuckkästchen wie diesem wohnen zu können.

Passend zur Jahreszeit wurden die Fenster weihnachtlich geschmückt, warmes Licht dringt nach draußen. Vor einem Jahr noch war die Gegend rund ums Haus an der Römerstraße 251 ein dunkles Loch. Der Bau lockte Stadtstreicher und Graffiti-Schmierer an. Jetzt ist er ein Blickfang.

Die alten Fenster sind größtenteils aufgearbeitet, manche auch durch neue ersetzt worden. Die Schuttberge links und rechts vom Gebäude sind verschwunden, stattdessen ziert eine mächtige Weihnachtstanne den Platz links vom Gebäude.

Die einstige Gaststätte, die wie eine Filmkulisse aus den 1960er Jahren wirkt, ist notdürftig für private Zwecke und die Handwerkerbewirtung in Betrieb genommen worden. Sie soll im Frühjahr 2010 als „Kleine Kneipe am Bahngleis” mit Biergarten wiedereröffnet werden.

Für Überraschungen ist das Haus tagtäglich gut. „Wir haben hinter Rigipsplatten eine Langohrfledermaus entdeckt und Frösche im Keller”, erzählt Bettina Piva, als sei es das Normalste auf der Welt, solche Untermieter zu haben. „Wir stehen aber auch immer wieder vor echten Problemen”, fährt sie fort. Wie dieser Tage, als sie überraschend feststellte, dass tragende Balken morsch sind und schleunigst gewechselt werden müssen.

„Wir wohnen doch echt schön”, sagt die 50-Jährige und schmunzelt. „Schön im Chaos”, schiebt sie hinterher. Aber nicht mehr lange: 2010 soll die Renovierung enden. Das Haus und seine Bewohner stoßen inzwischen auch bei TV-Sendern auf Interesse: Dort soll eine Doku gedreht werden.

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