Meiderich. Jochen Malmsheimer raunzte, grummelte, fistelte und brüllte sich zweieinhalb Stunden sprachartistisch durch sein Programm „Dogensuppe Herzogin“.
Richtig was gegönnt hat sich zu ihrem 25-jährigen Bestehen die Meidericher Kleinkunstbühne im Centrum Westende. Den zweiten Auftritt im Jubiläumsjahr bestritt der für seine endlosen Assoziationsketten gerühmte und berüchtigte Bochumer Kabarettist Jochen Malmsheimer. Der raunzte, grummelte, fistelte und brüllte sich zweieinhalb Stunden sprachartistisch durch sein Programm „Dogensuppe Herzogin“. Dabei blieb am Ende zwar die Frage offen, wie der Fürst von Venedig in die Konserve geraten konnte, aber der einzige Spannungsabfall auf dem Weg zu dieser Erkenntnis kam aus der Steckdose.
Ausverkauftes Haus
„Wir sind heute bis auf den letzten Platz ausverkauft“, eröffnete Lothar Koopmann vom Organisationsteam der Kleinkunstbühne mit seiner erklärten Lieblingsmoderation den Abend, „bitte rücken sie zusammen, jeder Sitz wird gebraucht.“ Malmsheimer trat auf und setzte die gelegentlich flackernde Bühnenbeleuchtung spontan in Lacher um: „Holt Ihr hier den Strom noch in Eimern?“.
Er ging dabei umstandslos seinem kabarettistischen Handwerk nach. Ihm sind Menschenansammlungen an sich erklärtermaßen ein Gräuel. Deshalb habe er sich auch nur auf erhöhten Druck seiner Gemahlin zu einer zwölfstündigen Busreise ins 1132 Kilometer entfernte Venedig pressen lassen, versicherte er. Solchen Unternehmungen steht normalerweise nicht nur seine bekannte Abneigung gegen beige gekleidete Ausflügler im besten Alter entgegen, sondern auch seine „protestantischen Knie“, die sich noch lange nicht jeder x-beliebigen Buseinrichtung beugen mögen.
Aber die Frau an seiner Seite kannte kein Erbarmen, Malmsheimer musste in den Bus. Und hatte unterwegs in die Lagunenstadt reichlich Gelegenheit, sich über die Teenager auf der Rückbank aufzuregen, die nie ihr Handy weglegen. Man kann sich Herzensbildung aber nicht ergoogeln, dachte der vom geschnorrten Kartoffelsalat ermattete Reisende noch laut.
Er nickte mit grimmigen Gedanken über die „bimssteinerne Generalverblödung und präsenile Allgemeinabstumpfung , kurz: die cerebrale Fäulnis in diesem Land“ kurz ein. Im Traum bevölkerten dann alle erfundenen und oder längst verstorbenen Bücherhelden seiner frühen Jahre den Bus. Marco Polo, der völlig verpeilte Doge von Venedig, Long John Silver, Robin Hood, Kapitän Ahab und Martin Luther diskutierten, spielten Karten, zankten über „weibische Beinkleider“ und waren dann sogar auch um einen kräftigen, mittelalterlichen Wind von hinten keineswegs verlegen.
Malmsheimer ließ solange die Puppen tanzen, bis seine Botschaft bei allen Zuhörern angekommen war. Für ein pralles Leben mit Herz, Witz und Fantasie braucht es erlesene Bildung und die gibt es nur durch Bücher und durch gute Gespräche mit anderen Lesenden. Basta.
Das Meidericher Publikum zeigten sich total begeistert und hielt den ermatteten Kabarettisten, der an diesem Abend wirklich alles gegeben hatte, noch lange über die Zugabe hinaus mit ihrem Applaus auf der Bühne fest.