Marxloh. . Rollstuhltanz und Gebärdensprache: Bei der Inklusionssitzung der Marxloher Jecken feierten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Karneval.

„Wir möchten mittendrin sein und nicht außen vor!“ Mit diesen Worten endete die Büttenrede von Lara und Angelina. Arme schossen anschließend in die Höhe, die Hände wackeln. Es ist die Geste für Applaus in der Gebärdensprache.

Die 15-jährige Lara, selbst gehörlos, hat die Rede in die Gebärdensprache übersetzt – für das hörende Publikum stieg die 17-jährige Angelina in die Bütt. Zur zweiten Inklusionssitzung der KG Marxloher-Jecken im Festsaal im Hotel Montan im Duisburger Norden waren rund 140 Jecke mit und ohne Behinderung gekommen und feierten unter dem Motto „Mittendrin statt außen vor“.

Seitenhiebe in Richtung Politik

Wie es sich für eine Büttenrede gehört, hatten Lara und Angelina natürlich auch einige Seitenhiebe in Richtung Politik dabei. „Warum immer nur reden und nicht einfach machen“, so die berechtigte Frage der beiden Duisburger Schülerinnen zum Thema Inklusion. Jeder Jeck ist anders – im Karneval quasi gesetzlich verankert. „Im Alltag leider noch nicht angekommen“, sagt Nurcan Kortunay.

Die Mülheimerin war mit ihrem Sohn Eren zur Karnevalssitzung gekommen. „Eren hat das Downsyndrom und wir erleben immer wieder, dass viel darüber gesprochen wird, wirkliche Inklusion aber selten stattfindet.“ Natürlich gäbe es auch Karnevalsveranstaltungen von der Lebenshilfe und ähnlichen Institutionen, aber dass ein Karnevalsverein eine solche Sitzung organisiert, sei dann doch eine große Ausnahme. Dieser Meinung war auch der Bund Deutscher Karneval (BDK). Mit der ersten Inklusionssitzung in der letzten Session gewannen die Marxloher-Jecken einen bundesweiten Wettbewerb und konnte den Förderpreis des BDK einstreichen.

Verein setzt ein Zeichen

Dass bei der Inklusionssitzung auch das Programm von Menschen mit Handicap aktiv mitgestaltet wird, versteht sich von selbst. Die Gruppe „Tanzträume“ der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung legte einen flotten Rollstuhltanz auf das Parkett, Musik gab’s von der Schülerband der Christy-Brown-Förderschule.

Die Kiebitz integrative Theatergruppe (KiT) des gleichnamigen Jugend- und Kulturzentrums führte einen kleinen Auszug ihres aktuellen Theaterstücks „Der Weltenbummler“ auf und begeisterte nicht nur mit ihren selbst gemachten Handpuppen. Auch die Kinderprinzencrew, Marvin II., Alina I. und Pagin Annika, schauten im Festsaal vorbei. Außerdem gab sich natürlich auch Stadtprinz Kevin I. samt Crew die Ehre.

Jugend der KG Marxloher-Jecken organisiert Sitzung

Auf die Beine gestellt wird die Inklusionssitzung von der Jugend der KG Marxloher-Jecken. Unterstützt werden sie unter anderem von Gardeleiterin Sandra Redmann. „Nach der Premiere im letzten Jahr war schnell klar, dass wir diese Sitzung unbedingt auch in der jetzigen Session mit ins Programm nehmen möchten“, sagt Redmann. „Ich hoffe und gehe stark davon aus, dass die Inklusionssitzung in der Zukunft fester Bestandteil bleibt.“

Auch für Dieter Karsten, Gründungsmitglied und Ehrenpräsident der KG Marxloher-Jecken, ist die Inklusionssitzung zu einem Herzensprojekt geworden. „Wenn wir von Brauchtum sprechen, müssen wir auch Dinge anpacken, die in der Gesellschaft noch nicht angekommen sind“, ist der 83-Jährige überzeugt. Er sei stolz darauf, dass sein Verein ein deutliches Zeichen setzt.