Duisburg-Neumühl. . Die Kasachin kümmert sich bei Zoo Zajac in Duisburg-Neumühl um alle Tiere. Wenn das eigene Wissen nicht reicht, werden Kollegen um Rat gefragt.

Wenn Svetlana Lents, Cheftierärztin bei Zoo-Zajac in Neumühl, durch die schier endlosen Gänge des – nach Angaben des kultigen Inhabers – größten Zoo-Fachgeschäfts der Welt geht, dann tut sie es meist schnellen Schrittes. Denn viel Zeit hat die Frau nicht, die als Angehörige der großen deutschen Minderheit im fernen Kasachstan geboren wurde.

3000 Tierarten leben in den Gehegen, Aquarien und Terrarien des weitläufigen Tier-, Futter- und Zubehörhandels. Für alle Tiere, vom kleinsten Fischchen bis zum größten Krokodil ist die Frau zuständig, die über die Zwischenstation St. Petersburg nach Duisburg kam. „Eigentlich wollte ich nur zu Besuch bleiben“, sagt Svetlana lachend und streichelt das kleine Wollknäuel, das an ihrem Hals hängt. Bei genauerer Hinsicht entpuppt sich das Knäuel als putziges, winziges Weißbüscheläffchen. „Das ist Liam“, sagt die Kasachin, die dem kleinen Kerlchen vor Monaten ein Beinchen amputieren musste: „Mittlerweile kommt er sehr gut klar, das war nicht immer so.“

Die Lebensretterin eines winzigen Affenmannes

Svetlana Lents mit einem Welpen der Rasse Briard.
Svetlana Lents mit einem Welpen der Rasse Briard. © Gerd Wallhorn

Weil Svetlana ihn in der eigenen Wohnung aufgepäppelt hat, will der kleine Affenmann sich nicht mehr von seiner Lebensretterin trennen. Wer der Veterinärin zu nahe kommt, der merkt das auch. Einen Schritt zuviel, und Liam beginnt heftig zu knöttern und zu keifen: „Täuschen sie sich nicht“, sagt die Tierärztin lachend, „der freut sich nicht, sondern empfindet das Gegenteil.“

Svetlana Lents mit einer Boa-Konstrictor-Schlange.
Svetlana Lents mit einer Boa-Konstrictor-Schlange. © Gerd Wallhorn

Die Eltern hatten das kleine Äffchen aus dem geschützten Lager herausfallen lassen und wollten Liam nicht wieder annehmen: „Damals war er so groß wie mein Daumen“, sagt die Tierärztin. Auf die Frage, welche Haustiere die Menschen denn in St. Petersburg besonders gerne hätten, gibt Svetlana eine ernste, verstörende Antwort: „Damals, im zweiten Weltkrieg, war der Hunger in der Stadt so groß, dass die Menschen gezwungen waren, ihre Haustiere zu essen, um nicht zu verhungern.“ Deshalb, sagt Svetlana, würden die Menschen im heutigen St. Petersburg ihren Haustieren mit großer Liebe und Hingabe begegnen: „Die Menschen vergessen das nicht, das ist im kollektiven Gedächtnis verankert.“

Gedächtnis mag auch ein Stichwort für die Mammut-Aufgabe sein, der sich die Kasachin mit ihrem Team in Neumühl widmen muss. Wie kann man sich die Erkrankungen von 3000 unterschiedlichen Tierrassen merken?

Kontakt über Kontinente hinweg

Svetlana lacht: „Das geht natürlich nicht. Wir müssen hier gut recherchieren und perfekt kommunizieren.“ Natürlich gebe es für viele Tiere Literatur in gedruckter Form oder auch einschlägige, seriöse Foren im Internet: „Aber manchmal findet man eben nichts“, sagt sie, „und dann müssen wir mit anderen Tierärzten in Zoos oder Tierparks in Kontakt treten.“ Dann könne sich eine Konsultation auch mal über Kontinente erstrecken: „Wohlgemerkt alles unter Zeitdruck, denn da gibt es ja immer ein krankes Tier, das behandelt werden will.“