Beeckerwerth. . Im traditionsreichen Frisörgeschäft Mertens dominieren mediterrane Farben und Erd-Töne. Draußen werde es leider immer trister, sagt die Chefin.
Andrea Willmeroth nur als Frisörin zu bezeichnen, wäre total untertrieben. Die Inhaberin des seit 1932 bestehenden Salon Mertens an der Siebengebirgsstraße im Beeckerwerther Zentrum ist Unternehmerin, Mutter, Großmutter, Ehefrau, Hausfrau, Ballerina und Bewahrerin einer langen Familientradition – alles in Personalunion.
Und sie ist Lokalpatriotin, Beeckerwerther Lokalpatriotin, denn ihrer Heimat, in Beeckerwerth hinterm Deich, ihren Wurzeln, ist sie bis heute treu geblieben. Obwohl das nicht immer leicht war und auch heute nicht leicht ist, wie sie beim Gespräch mit der Redaktion in ihrem Friseurgeschäft sagt.
Helle, mediterrane Atmosphäre im Innern
Überhaupt, das Frisörgeschäft: Wer durch den reichlich tristen Vorgarten in die Räume des Salon Mertens tritt, begibt sich in eine leichte, helle, mediterrane Atmosphäre, die mit dem Beeckerrwerth „da draußen“ nicht allzu viel gemein hat: „Trotzdem sind wir ein Teil von Beeckerwerth, eine Institution“, sagt die couragierte Frau, „aber leider eine der letzten.“
Früher habe es in Beeckerwerth Fachgeschäfte gegeben und einen großen Wochenmarkt vor der Kirche mit vielen frischen Produkten: „Ist mittlerweile alles zu. Der Bäcker, der Metzger, die Gaststätten, das Reisebüro – sogar ein Schuhgeschäft hatten wir.“
Beeckerwerth ein Stadtteil mit großem Potenzial
Dabei, sagt Andrea Willmeroth, die das Frisörgeschäft ihres Großvaters in dritter Generation führt, sei Beeckerwerth ein Stadtteil, der großes Potenzial besäße: „Schauen sie sich mal diese Lage an: Die Leute hier leben zwischen dem Rheinufer und dem schönen Naherholungsgebiet an der Vogelwiese“, sagt die Mutter einer Tochter und zweifache Großmutter: „In Duisburg sprechen doch alle vom Wohnen am Wasser: Wo, wenn nicht in Beeckerwerth könnte man hohe Wohn- und Lebensqualität verwirklichen? Mehr Potenzial hat Baerl auch nicht, und ich weiß, wovon ich spreche.“
Aktuell, sagt Andrea Willmeroth, sei die Realität aber eine andere: „Wir sind ein vergessener Stadtteil“, sagt die Geschäftsfrau, die sich in ihrer Freizeit leidenschaftlich gern mit Ballett fit hält, „sie müssen sich mal vorstellen, dass es hier nicht einmal mehr einen Geldautomaten gibt!“
Weil das Herz daran hängt
Mitarbeiterin und Freundin Irmel Kleinwegen stimmt zu: „Die alten Leute warten entweder darauf, dass der Sparkassenbus kommt, oder sie müssen zum nächsten Geldautomaten. Nach Beeck.“
Seit den 1970’er Jahren arbeitet sie im Salon Mertens, kennt die Chefin noch aus Jugendtagen: „Neulich ist im Alter von 90 Jahren unsere älteste Stammkundin gestorben“, sagt Kleinwegen, „die kam ihr ganzes Leben hier hin.“
Viele Bekannten, sagt Andrea Willmeroth, würden sie fragen, warum sie denn nicht schließe, schließlich hätte sie es eigentlich nicht mehr nötig, zu arbeiten: „Denen sage ich dann: Ihr versteht das nicht. Ich mach das nicht, weil ich es muss. Ich mache das, weil ich es will, weil das Herz daran hängt.“