. . . war in den ersten Nachkriegsjahren für viele Hamborner überlebensnotwendig. Dort bekam man, was in den Geschäften Mangelware war. Vor 60 Jahren nahm die Hungersnot enorme Ausmaße an

Der Zweite Weltkrieg war zu Ende, es folgte der Wiederaufbau. Zumindest die erste Zeit haben die Menschen aber nicht gut in Erinnerung behalten. Wer zurückblickt, denkt zuerst an die schlimme Hungersnot. 1947 spitzte sich die Situation in Hamborn zu. Die wenigen Nahrungsmittel, die es auf Lebensmittelkarten gab, reichten allenfalls für eine Woche, nie aber für den ganzen Monat. Die Menschen waren ausgezehrt, hatten hagere Gesichtszüge, die Kleider schlackerten, es gab kaum jemanden, der nicht an starkem Untergewicht litt. Lange Schlangen bildeten sich Tag für Tag an den Geschäften: Die Menschen hofften, ein paar Pfund Kartoffeln oder ein paar Rüben zu ergattern. Für etwas Kappes fuhr man mit dem "Hamsterzug" ab Bahnhof Hamborn nach Spellen.

So mancher, der sich tagelang mit wässriger Brotsuppe, in der bestenfalls ein paar Rosinen aus einem Care-Paket schwammen, ernähren musste, und sich freute, wenn er noch einen gefundenen Apfel mit Griespudding als Abwechslung verspeisen konnte, tat etwas, was man allgemein Mundraub nennt: Er bediente sich heimlich, still und leise auf den umliegenden Feldern, bzw. in den Privatgärten.

Die meisten Hamborner aber besuchten den Schwarzmarkt nah am Rathaus. Es handelt sich um das Gelände, auf dem heute das Hochhaus am Altmarkt steht. Dort wurde geschachert und getauscht, was das Zeug hielt. Das Wenige, was da war, wechselte natürlich zu viel zu hohen Preisen den Besitzer. Ein Pfund Butter kostete 200 Reichsmark, das entsprach dem Wert einer Packung amerikanischer Zigaretten. Damit die Polizei diese "Tausch-Geschäfte" nicht vereitelte, war ein Warnposten aufgestellt worden.

Auch durch die Zeitung konnte man an Lebensmittel kommen: Im Anzeigenteil suchten Eltern nach Babynahrung, Milch, Mehl, Früchten, Mais oder Zucker. Um etwas zu ergattern, boten die Menschen das, was ihnen geblieben, was ihnen lieb war: ein Hochzeitskleid, die Kommunionsuhr, den Fingerring.

Nur selten gab es ein Festessen. Das passierte allenfalls, wenn es jemandem gelungen war, ein Karnickel am Bahndamm zu erwischen...

Verhältnismäßig gut ging es nur wenigen Menschen. Warme Zimmer hatten die Bergleute, die Deputatkohle bekamen. Die musste allerdings nach der Lieferung schnell in den Keller, bevor sie bei Nacht und Nebel verschwand. Denn Kohle war auch ein begehrtes Tauschobjekt. Wirklich gute Geschäfte machten vor allem die Färbereien: Alte Militärkleidung bearbeiteten die Färber - und so entstanden bunte Hemden, Hosen, Mäntel, Mützen und Socken. In besseren Kreisen ließ man auch alte Anzüge umarbeiten, dabei wurde die noch gute Innenseite nach außen gedreht. Öfters hörte man jemanden fragen: "Und wo lassen Sie wenden?"

Zu kaufen gab es damals aus heutiger Sicht echte Raritäten: Etwa ein Küchensieb - hergestellt aus einem Stahlhelm, in den unzählige Löcher gebohrt waren. Oder einen Kochtopf, der aus einem Helm gepresst worden war.