Alt-Walsum. Walsumer Nachbarn kümmern sich um das Mahnmal am Ivan-Bugulez-Weg, das an die Leiden der Zwangsarbeiter im Dritten Reich erinnert.
Mit einer Schubkarre voller Gartengeräte, Handschuhe und Müllsäcke sind Ludger Bienen und Sven Mausbach durch die Alt-Walsumer Siedlung unterwegs.
In deren Straßennamen hier lebt immer noch die Walsumer Zeche weiter. „Zum Aufhauen“ ist am Samstagmorgen eine stille Ecke, aber eine Nachbarin kommt doch an den Zaun, als sie die zwei mit der Schubkarre sieht.
„Oh, ist der Aufräumtermin am Mahnmal etwa schon heute? Das habe ich total verschwitzt“, sagt sie schuldbewusst. Dann hat sie eine Idee: „Soll ich euch wenigstens später einen Kaffee bringen?“
Die Pause wäre also schon gesichert, aber bis dahin ist noch einiges zu tun. An der Ecke Förderstraße und Ivan-Bugulez-Weg steht die hohe Steele aus grauem Stein mit dem angedeuteten Stacheldrahtzaun. Dahinter auf dem Steag-Gelände gibt es hohe Pappeln.
Baracken, in denen Zwangsarbeiter wohnten
Ludger Bienens Hand beschreibt einen Bogen. „Da standen früher die Baracken, in denen die Zwangsarbeiter waren“, sagt er, „das darf man doch nicht in Vergessenheit geraten lassen, finde ich.“
Bienen wuchs in den sechziger Jahren in Walsum auf. „Da wurde uns nicht viel erzählt über die Zwangsarbeiter und die Nazizeit, das waren eher so Tabuthemen“, sagt er. Er ist überzeugt, dass viele, junge Leute, die heute lauthals rechte Parolen dreschen, gar nicht so genau wissen, welche Geister sie da herbeirufen wollen.
Kuriose Party-Location
Schon deshalb müsse man die Erinnerung an die Folgen der NS-Herrschaft, an Zwangsarbeit, an Lager, Stacheldraht und Tod wachhalten. Sven Mausbach hat indessen schon den ersten Müllsack gefüllt, er schüttelt Energydrink-Dosen, Chips-Tüten und Kondomverpackungen durcheinander. „Sieht aus wie nach einer Fete“, sagt er grinsend, „da wüsste ich aber gemütlichere Plätze für.“
„Früher hatten die Schüler der Realschule Fahrn mit ihrem Lehrer Helmut Feldhaus die Patenschaft für das 2002 aufgestellte Mahnmal“, erzählt Franz Tews, der Sprecher der Walsumer Initiative „Erinnern gegen Rechts“. Inzwischen zog Feldhaus weg, die beteiligten Schüler verließen die Schule und die Patenschaft schlief ein.
Schild wurde schnell kaputt gebogen
Deshalb ist Tews besonders froh darüber, dass die Nachbarn bei einem Siedlungsfest ihren handgreiflichen Einsatz für die Erinnerungskultur beschlossen haben.
„Weißt du noch, wie das hier angefangen hat?“ fragt Franz Tews den ehemaligen Bergmann und Betriebsrat Heinz Berning.
Dann erzählen die beiden Weggefährten von dem kleinen Blechschild, das damals an der gleichen Stelle an die Zwangsarbeiter erinnern sollte. „Das hatten die Neonazis ruck-zuck kaputtgebogen“, sagt der Bezirksvertreter Tews, der früher mal ein Grüner war, lachend, „da haben wir gedacht: So schnell kriegen die uns nicht klein, jetzt stellen wir hier was richtig Stabileres auf.“