Der Ruhrorter Giselher Dahlbender lebt in einer denkmalgeschützten Villa. Sein Traum: Wenn das Gebäude samt Inventar für die Nachwelt erhalten bliebe. Außerdem will er den Hustenkamp retten
SOMMERGESPRÄCHE - SERIE TEIL 6 Giselher Dahlbender ist ein echtes Ruhrorter Kind. Der historische Ortsteil ist sein Ein und Alles. Am liebsten wäre ihm, wenn Teile komplett unter Denkmalschutz gestellt würden. Darüber sprach er mit Redakteur Gregor Herberhold.
Sie haben vor rund zehn Jahren einen Antrag bei der Stadt gestellt, den Bereich "Hustenkamp", also die so genannte "Neustadt", unter Schutz zu stellen. Was ist dabei herausgekommen?
Dahlbender: Gar nichts. Das Denkmalamt kommt einfach nicht aus den Pötten.
Das klingt vorwurfsvoll.
Dahlbender: Stimmt, genauso ist es. Ich bin enttäuscht.
Was macht Teile von Ruhrort Ihrer Meinung nach so wertvoll, dass es für die Nachwelt in seiner jetzigen Form erhalten werden sollte?
Dahlbender: Die Besiedelung des Hustenkamps, also die Fläche grob gesagt rund um den Neumarkt, ist von Friedrich dem Großen eingeleitet worden. Das war Ende des 18. Jahrhunderts. Damals wuchs die Bevölkerung so schnell, dass man die Stadt vergrößern musste. Nach barockem Muster wurde die Neustadt, wie wir sie nennen, geplant. Schauen Sie sich nur mal die schönen Jugendstilhäuser am Neumarkt an.
Nicht alle Häuser sind dort besonders attraktiv.
Dahlbender: Weil ein Teil abgerissen und durch moderne Häuser ersetzt worden ist. Und trotzdem wäre es mir lieb, wenn dieser Bereich wenigstens in seiner jetzigen Art erhalten bliebe.
Inklusive des Hochbunkers und des Kioskes mit der öffentlichen Toilette?
Dahlbender: Warum nicht? Eine Bedürfnisanstalt gehört zu einer Stadt. Und der Bunker ist ja inzwischen auch ein historisches Gebäude. Damit kann ich gut leben.
Sie selbst wohnen in einem denkmalgeschützten Haus. Was ja nicht nur Vorteile hat. Man muss zum Beispiel mit strengen Auflagen leben, wenn man renovieren will.
Dahlbender: Billig ist das nicht. Aber anders kann man solche Gebäude nicht für die Nachwelt erhalten.
Was ist an Ihrem Haus denn so spannend?
Dahlbender: Es ist vermutlich das einzige Gebäude in der ganzen Stadt, das im italienischen Landhausstil gebaut wurde. Es stammt aus dem Jahr 1870 und gilt als bedeutendes Zeugnis der industriellen Entwicklung Ruhrorts. Meine Vorfahren haben es von dem Holländer de Gruyter, einem Reeder, übernommen. Seit etwa 1920 ist es in unserem Familienbesitz. Im Zweiten Weltkrieg wurde es teilweise zerstört, aber von meinem Vater wieder aufgebaut und vor allem innen im Jugendstil ausgestattet.
Nennen Sie doch einmal ein paar Beispiele, wie die Räume gestaltet wurden.
Dahlbender: Da sind seltene Heizkörperverkleidungen, Ledertapeten, Jugendstillampen, verzierte Fliesenböden, Messingtürbeschläge, ein alter Waschtisch und schwere Eichenmöbel, Wandvertäfelungen, Stuckdecken, und viele Dekorations- und Kunstgegenstände.
Das Innenleben des Hauses steht aber nicht unter Denkmalschutz?
Dahlbender: Nur zum Teil. Wenn das gesamte Inventar eingeschlossen würde, das wäre mir natürlich am liebsten. Aber wer hat schon Interesse daran? Das müsste schon ein Sammler sein, der etwas Ungewöhnliches, etwas Verrücktes sucht. Oder jemand, der daraus eine Art Museum machen möchte.
Was ist Ihr Wunsch für Ruhrort?
Dahlbender: Dass die Stadt und die Politik mehr Interesse am Erhalt des alten Ruhrort zeigten und was dafür täten, dass die alten Gebäude auch mit ihrem Innenleben erhalten bleiben.