Religionsvertreter der drei großen monotheistischen Religionen diskutierten über Fasten-Rituale.
Wenn es um die verschiedenen Religionen geht, dann schauen wir nur zu gerne auf die Unterschiede. Leider fehlt oft der Blick für das Gemeinsame, das es durchaus zwischen dem Islam, dem Christen- und dem Judentum gibt. Den Fastenmonat Ramadan nahm die Ditib-Merkez-Moschee in Marxloh zum Anlass, um mit Religionsvertretern und Gästen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Fastenpraxis zu sprechen.
Asketische Traditionen spielen in fast allen Religionsgemeinschaften eine zentrale Rolle. Jom Kippur ist der große Versöhnungs- und Fastentag im Judentum. Bei den Christen dauert die Fasten- oder Passionszeit von Aschermittwoch bis Ostern. Im Islam wird im Ramadan, dem neunten Monat des islamischen Mondjahres gefastet.
Aber warum fasten die Menschen überhaupt? Antworten auf diese Frage gaben Hans Peter Lauer von der Evangelischen Bonhoeffer-Gemeinde Marxloh-Obermarxloh, Ali Topcuk von der Ditib-Begegnungsstätte und Michael Kemper von der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul. Jochebed Hermanns von der Jüdischen Gemeinde war verhindert.
„Die inneren Kräfte sollen gestärkt werden”, erklärt Michael Kemper den Sinn des katholischen Fastens. Der Mensch soll den Versuchungen widerstehen. Der Ursprung liegt im Matthäus Evangelium begründet, in dem Jesus 40-tägige asketische Wanderung durch die Wüste überliefert ist.
Hans Peter Lauer verwies zwar auf Gemeinsamkeiten, aber stellte vor allem die Unterschiede zu den Katholiken in den Vordergrund. Um die Auslegung der evangelischen Fastentradition zu verstehen, muss man die Reformationszeit betrachten. „In Zürich begann die Reformation während der Fastenzeit mit einem öffentlichen Würstchenessen”, berichtete Lauer. Die Auffassung Luthers war, dass der Mensch durch die Gnade Gottes lebt und dafür keine Gegenleistung erbringen muss. Da die Fastenzeit aber einen Dienst an Gott darstellt, stand sie im Widerspruch zu der neuen Bibelauslegung. „Der Mensch hat somit die Freiheit zu fasten, aber nicht um dadurch sein Heil zu suchen”, erklärt Hans Peter Lauer.
Viele Gemeinsamkeiten entdeckte auch Ali Topcuk. Ähnlich wie bei den Katholiken sei der Ramadan für die Moslems eine Form des Gottesdienstes. „Durch das Fasten soll die Zufriedenheit von Gott erlangt werden”, erklärt der islamische Theologe. Zwischen der Morgen- und der Abenddämmerung wird nicht gegessen und getrunken. „Das ist die äußere Dimension des Fastens, aber es gibt auch eine innere Dimension”, so Topcuk. Nächstenliebe ist die innere Dimension. Gemeinsamkeiten und Unterschiede traten kamen zum Vorschein. Einig waren sich alle, dass gegenseitiger Respekt und Verständnis die Grundlage friedlichen Zusammenlebens sind.
Ramadan
Der Fastenmonat Ramadan begann in diesem Jahr am 21. August und endet am 19. September mit dem Fest des Fastenbrechens (Zuckerfest). Der Fastenmonat orientiert sich am islamischen Mondkalender. Deshalb verschiebt sich der Fastenmonat pro Jahr immer um ein paar Tage nach vorne. 2010 beginnt der Fastenmonat am 11. August und endet am 8. September.