Erinnerungen an die Konfirmation während des Krieges
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Am Sonntag geht Ilse Egemann in der Kreuzeskirche zur Eisernen Konfirmation.
„Wo soll ich nur ein schönes Kleid für dich herkriegen? Und schöne dunkle Schuhe?“, fragte ihre Mutter. Ilse Egemann kam 1943 aus der Kinderlandverschickung. Alle anderen waren schon konfirmiert. Aber natürlich sollte und wollte sie auch konfirmiert werden. Schließlich hatte sie auch in der Zeit weit weg von Zuhause Konfirmandenunterricht genossen und fleißig gelernt! Nachkonfirmation hieß dann das Zauberwort. Zusammen mit sieben Jungen ging sie doch noch für einige Wochen in den Nachunterricht bei Pastor Straub. Dann, am Palmsonntag 1943 war es endlich soweit: Stolz und glücklich über das dunkelblaue Kleid - der Stoff war ergattert worden bei einer Nachbarfirma und reichte sogar noch für ein Kleid für die Mutter - und die dunklen Schuhe aus einem anderen Nachbargeschäft konnte es zur Nachkonfirmation gehen. „Stellen Sie sich mal vor: Alle Konfirmandensprüche handelten vom Thema „Hunger“, erzählt Frau Egemann. Und ihre ältere Schwester Elisabeth Herbst ergänzt: „Ist ja auch kein Wunder, das war ja auch DAS Thema!“ Und so fiel die Festtafel, die bei der Schwester zwei Jahre vorher noch sehr üppig ausgefallen war, auch mehr oder weniger ins Wasser. „Nein, unzufrieden waren wir nicht, alle hatten ja doch dieselben Probleme“, da sind sich die Schwestern einig. Vermisst haben sie nur den Vater, der leider nicht dabei sein konnte. Ansonsten hielt man im „Dorf Marxloh“ eben zusammen. Man kannte sich, wusste auch andere wegen ihrer politischen Meinung einzuschätzen. Schließlich bestand das Geschäft für Haushaltswaren der Familie Egemann schon seit 1891 in der dritten Generation in der Wiesenstraße 2. Nein, Drangsalierungen wegen ihrer engen Kirchenangehörigkeit hätten sie selbst so nicht erlebt. „Wir waren ja sehr christlich erzogen, auch mit Sonntagsschule. Aber manchmal konnten wir eben nicht in den Gottesdienst gehen; wenn die Hitlerjugend sich traf, da musste man mit“, so berichten die Schwestern. Wieder ein Palmsonntag: Wenn andere am 16. März 2008 im Gottesdienst um 9.30 Uhr ihre Goldkonfirmation in der Kreuzeskirche in Marxloh feiern, begeht Ilse Egemann ihre „Eiserne Konfirmation“, 65 Jahre. „Leider kannte ich viele bei der Goldkonfirmation nicht, durch die Kinderlandverschickung,“ resümiert die jüngere Schwester. Und die ältere ergänzt: „Vielleicht kennst du ja viele der jüngeren?! Du wohnst ja lang genug im Dorf Marxloh!“
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