Hardy Krüger erzählte in der Stadthalle Walsum Geschichten aus seinem Leben. Die Zuschauer waren begeistert. Der Schauspieler auch. Er ließ die Gäste wissen: „Es kann Ihnen passieren, dass ich wiederkomme”

Etwas schelmisch, ja jungenhaft wirkt Hardy Krüger, als er auf die Bühne in der Stadthalle Walsum tritt. Gut 220 Menschen sind gekommen, überwiegend ältere Semester. Wollen sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, den großen und inzwischen auch gealterten, aber immer noch jugendlich wirkenden Mann der deutschen Filmgeschichte einmal live erleben zu können.

Hardy Krüger Senior bei einer Lesung in Walsum, Autogrammstunde, Foto & Copyright: Gregor Herberhold, 18.11.2008
Hardy Krüger Senior bei einer Lesung in Walsum, Autogrammstunde, Foto & Copyright: Gregor Herberhold, 18.11.2008 © WAZ

Seine Bücher haben sie dabei. Und seine alten Filme, auf DVD gebrannt. Aber auch Bilder aus Jugendtagen des heute überwiegend in Kalifornien lebenden, inzwischen 80 Jahre alten Schauspielers und Buchautors. Alles soll signiert werden. Ihre Wünsche werden (fast) ausnahmslos nach der Lesung erfüllt: „Ich habe Zeit mitgebracht”, sagt Hardy Krüger den Zuhörern am Ende seines Auftrittes. Das gibt extra Applaus, zumal er gleichzeitig verspricht: „Und dann kann ich auch mit jedem von Ihnen ein paar persönliche Worte wechseln. Wissen Sie, ich mag nämlich keine Podiumsdiskussionen. Da kann man doch nichts Persönliches fragen oder sagen.”

Doch zurück zum Anfang des Abends: Weltenbummler Krüger huscht am schwarzen Vorhang vorbei auf die spärlich eingerichtete Bühne. Nur ein Tisch steht da. Mit Mikrophon und Leseleuchte. Daneben ein Stuhl. Den lässt er aber erst einmal links liegen. Krüger tritt ein paar Schritte nach vorn, in Richtung Bühnenrand. Von dort aus kann er das Publikum, das im gedämpften Licht sitzt, etwas besser erkennen, kann den Menschen direkt in die Augen schauen. Wissen Sie eigentlich, wie Sie da unten aussehen?”, fragt er launig in den Saal. Die Besucher sehen erst sich an, dann den Mann auf der Bühne. Der schmunzelt: „Wie Kinder vor der Bescherung.”

Dann folgen Geschichten, die das Leben schrieb. Krüger erzählt und liest Anekdoten vor, die sich in seiner Zeit als Schauspieler zugetragen ha-ben. Zum Beispiel die, als er, weil ein Flug nach West-Berlin ausgefallen war, mit dem Boxer Max Schmeling und dem Traber Hänschen Frömming, rasch aufs Auto umsteigen und durch die DDR rasen musste. Mit fast 140 Sachen durch den Ulbricht-Staat – das musste natürlich schief gehen. Krüger und Schmeling wurden verhaftet, kamen nur durch Zufall aber bereits nach ein paar Minuten wieder frei – und konnten letztlich ihren Verpflichtungen in der geteilten Stadt nachkommen. Kurzweilig und witzig erzählte Geschichten waren es. Und das Publikum amüsierte sich prächtig.

Hardy Krüger Senior bei einer Lesung in Walsum, Foto & Copyright: Gregor Herberhold, 18.11.2008
Hardy Krüger Senior bei einer Lesung in Walsum, Foto & Copyright: Gregor Herberhold, 18.11.2008 © WAZ

Aber: Krügerabende sind mehr. Krüger erzählt auch vom Zweiten Weltkrieg, von der ersten großen Liebe, die bei einem Bombenangriff am Heiligen Abend 1943 ums Leben kommt. Erschütternde Zeilen, die er zu Papier ge-bracht hat. So wird der Abend auch zur Geschichtsstunde, aber nicht nur das. Krüger wird zum Mahner und Anklä-ger. Er erlebe gerade, wie sich weltweit die Nazis, unter wel-chem Deckmäntelchen auch immer, neu formierten. Und auf Deutschland bezogen sagte er: Alt-Kanzler Schröder habe er schriftlich aufgefordert, was gegen die NPD zu tun. „Ergebnislos. Und Merkel tut auch nichts.” Er forderte das Publikum auf, aktiv zu werden, um den Braunen keine Chance zu geben.

Auch dafür gab es einen kräftigen Applaus.

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Hardy Krüger fesselte die Zuhörer

Hardy Krüger

. . . wurde am 28. April 1928 in Berlin geboren. Er wirkte in rund 60 Filmen mit, zu den bekanntesten zählen „Hatari”, „Der Flug des Phönix” und „Die Brücke von Arnheim”. Er stand mit den ganz Großen der Branche vor der Kamera: Mit John Wayne, Charles Aznavour, Mario Adorf u.a.. Seine schriftstellerische Karriere begann knapp zehn Jahre nach seinem Filmhit „Hatari”: Im Jahr 1970 erschien „Eine Farm in Afrika” - die Geschichte seiner Farm im Schatten des Kilimandscharo. Krüger lebt überwiegend in Kalifornien, wenn er in Deutschland weilt, auch in Hamburg. Er ist zum dritten Mal verheiratet und hat drei Kinder.

Das Schreibtalent war da, aber der Feinschliff fehlte

Hardy Krüger stand vor seiner Lesung, die von der Buchhandlung „Lesenswert” organisiert war, für ein Interview mit Redakteur Gregor Herberhold zur Verfügung.

Herr Krüger, wie sind Sie zum Schreiben gekommen? Eigentlich sind sie doch Schauspieler.

Krüger: Ich habe mein Leben lang geschrieben. Mit zwölf habe ich angefangen, aber das wurde nicht gedruckt. Also musste ich was anderes machen, um Geld zu verdienen. Ich hatte Talent als Schauspie-ler, deshalb habe ich das gemacht und nebenbei weiter geschrieben. Als ich mit siebzehn aus der Kriegsgefangenschaft kam, habe ich meine Texte Felix Jud (Gründer der Hamburger Bücherstube und Widerstandskämpfer im Dritten Reich, Anm. d. Red.) vorgelegt. Der schaute sie sich an, sagte dann: „Junge, du bist begabt, aber nicht gut genug. Du musst weiter schreiben, Fingerübungen machen, so wie ein Pianist.” Als ich 40 war und meine Aufzeichnungen aus Afrika, die ich während der Aufnahmen für Hatari und in der Zeit danach gemacht hatte, wieder vorlegte, da wurden die Texte gedruckt. Das war „Eine Farm in Afrika”. Damit fing alles an.

Sie lesen in Walsum. Was treibt Sie in die Provinz?

Krüger: Wenn man lesen will, dann kann man das nicht nur in Hamburg, Berlin und Mün-chen tun. Dann muss man auch in die Provinz gehen, dorthin, wo man direkten Kontakt zu den Besuchern hat, wo man von Buchhändlern eingeladen wird.

Verraten Sie uns: Warum lesen Sie überhaupt vor?

Krüger: Weil es Spaß macht. Weil es mir unglaubliches Vergnügen bereitet, meine eigenen Texte vorzutragen.