Ruhrort. . Ingo Gabbert leitet das Jugendzentrum an der Homberger Straße. Bei Jugendlichen lässt er nicht den Chef raushängen. Deren Potenzial fördert er anders.
Ingo Gabbert kann zwar noch durch Ruhrort laufen, ohne dass er von jedem wiedererkannt wird. Von vielen Jugendlichen wird er aber auf der Straße gegrüßt. Denn der 45-Jährige leitet das Jugendzentrum im Stadtteil. In der denkmalgeschützten Nikolausburg an der Homberger Straße betreut er seit 2009 Kinder und Teenager aus ganz Duisburg, die Ruhrorter Hafenkids.
Auf sie lässt er ebenso wenig kommen wie auf seine Bufdi, die Praktikantin oder die ehrenamtlichen Helfer. „Viele Erwachsene unterschätzen das große Potenzial dieser Jugendlichen“, sagt er. „Zu uns kommen nicht nur sozialschwache Kinder oder Jugendliche aus bildungsfernen Familien.“ Die Hafenkids seien Abiturienten, Studenten sowie Schulabbrecher und -verweigerer. Jedoch seien alle gleichermaßen willkommen und werden betreut und unterstützt. Zumindest, solange sie die Regeln befolgen. „Hier ist ein Ort, an dem sich jeder angstfrei bewegen kann. Er ist gewaltfrei und weil ganz viele Nationalitäten vertreten sind, wird hier immer Deutsch gesprochen. So wird niemand ausgeschlossen.“
Alle nennen ihn beim Vornamen
Gabbert lässt allerdings nicht den Chef raushängen. „Das ist das Jugendzentrum der Jugendlichen, nicht meins. Ich schließe abends nur die Türen ab“, flachst er. Dabei ist er nicht nur der Leiter, sondern auch der Vize-Vorsitzende des freien Trägervereins, der die Einrichtung betreibt. Die Angebote sind niederschwellig: Kochen, Musizieren oder Fußballgucken. Mal geht’s aber auch zum Kegeln oder zum Zelten, auf Ausflüge und Fahrradtouren. Der Kicker und der Billardtisch sind ebenfalls sehr beliebt. Regelmäßig wird Gabbert zum Mitspielen eingeladen.
„Ich bin der Ingo, für alle“, sagt er. Und ergänzt sofort: „Aber der Ingo, der – wenn’s nötig wird – am lautesten schreit.“ Oft sei das aber nicht der Fall, denn nur selten gebe es mal eine Rauferei oder eine Kopfnuss, bei denen er einschreiten muss. Lachen liege ihm aber deutlich mehr als Schreien. Vielleicht gilt er auch deshalb als Kumpeltyp.
„Ingo hält alles zusammen. Mit ihm kann man viel Spaß haben und sich aber auch über schwierige Themen unterhalten“, sagt die 17-jährige Anna-Lena Schwind, die vor etwa drei Jahren zu den Ruhrorter Hafenkids gestoßen ist.
Dass ihm die Kinder und jungen Leute vertrauen, glaubt der Pädagoge, liege daran, dass er sie ernst nehme. „Liebeskummer ist für Teenager immer todwichtig“, also ist er für ihn ebenfalls wichtig.
Gespräche über Zukunftspläne
Zwar bietet das Jugendzentrum keine Hausaufgabenhilfe, Gabbert und sein Team unterhalten sich mit älteren Jugendlichen jedoch über deren Zukunftspläne und helfen ihnen zudem bei Bewerbungsschreiben. „Das ist selbstverständlich“, findet der Einrichtungsleiter. Immerhin betreut er einige Hafenkids seit rund sieben Jahren. „Ich kenne die Familien sehr gut, aber nur wenige Eltern persönlich.“ Wenn eine Familie sich etwa eine neue Sofagarnitur kauft, erfährt er davon nachmittags in der Nikolausburg.
Im Gegenzug kennen ihn auch einige seiner Kinder und Jugendlichen privat. „Aber es gibt Grenzen: Public Viewing in meinem Wohnzimmer wird’s nicht geben.“ Sein vierjähriger Sohn Bela ist bei den Hafenkids kein Unbekannter. „Als Leiter bin ich übrigens viel, viel strenger als als Papa.“
Passionierter Musiker
Anastasia Karge (13) winkt sofort ab. Sie findet ihn nämlich überhaupt nicht streng. Eigentlich ist sie noch ein Jahr zu jung, um abends in der Gruppe für die Größeren dabei zu sein. Doch sie habe ihn mit „großen Kulleraugen“ angeschaut und „dann war Ingo so lieb und hat eine Ausnahme gemacht“. Dadurch hat sie nun Zeit, mit Anna-Lena für die Band zu üben, die die beiden kürzlich gegründet haben.
Ingo Gabbert gefällt’s, denn er ist selbst ein passionierter Musiker und unterstützt solche Bandprojekte gerne. In der zweiten Ferienhelfe bleibt das Jugendzentrum aber geschlossen und er genießt seinen Urlaub. Doch er freut sich bereits auf die Wiedereröffnung. „Mein Vater war Krankenpfleger. Bei uns liegt das Helfergen in der Familie.“