Laar. . Awo Integration hat die Bewohner des Ortsteils zusammengebracht. Deutsche waren schockiert, als sie erfuhren, wie schlecht die Lebensumstände sind.

Premiere in Laar: Jahrzehntelang haben Deutsche und Libanesen im Ortsteil in der Regel nur übereinander gesprochen. Aber nur seltenst miteinander. Der Awo Integration ist gelungen, die Menschen zusammenzubringen. Am Mittwochabend hatte sie ins Ewaldi-Haus eingeladen, um dort zum einen einen Film vorzustellen, den libanesische Jugendliche aus Laar im Winter 2011/2012 gedreht hatten. Zum anderen, um die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen.

Der Geschäftsführer der Awo Integration, Karl-August Schwarthans, war erstaunt, wie viele Menschen gekommen waren. Rund 60 hatten sich im Gemeindehaus eingefunden. Deutsche, Türken, Libanesen.

Zunächst schauten sich alle gemeinsam den knapp 30-minütigen, dreiteiligen Film an. Er gab „Einblicke in die Lebenswelt geduldeter Jugendlicher in Duisburg-Laar“. Kein einfaches, kein schönes, kein abwechslungsreiches Leben – und vor allem keines mit Perspektive. Den Jugendlichen fehlt Bildung, ihnen fehlen Freizeitangebote. Ihnen fehlt die Möglichkeit, einen Beruf zu ergreifen. Und das alles, weil sie alle drei Monate zum Amt müssen, um ihre Duldung zu verlängern. „Wir brauchen Pässe. Ohne finden wir keine Arbeit. Wir können nicht mal einen Führerschein machen. Und heiraten geht auch nicht“, schilderten sie ihre Situation. Die Folge: Man lungert herum, wird nicht geachtet, kommt leichter auf krumme Gedanken als Gleichaltrige in normalen Lebensverhältnissen. Die deutschen Gäste im Gemeindehaus waren schockiert. Diese Lebensumstände waren ihnen überwiegend nicht bekannt.

Drei der „Hauptdarsteller“ des Films waren zu der Vorstellung gekommen. Von der Diplom-Sozialpädagogin Amal Kassem, selbst Libanesin, gefragt, was sich an ihren Lebensumständen in den vier Jahren seit den Dreharbeiten geändert hat, kam die ernüchternde Anwort: „Nichts, gar nichts!“ Noch immer hätten sie den Status: geduldet. Noch immer sehen sie keine Chance auf einen Ausbildungsplatz: Wer stelle schon jemanden ein, der eventuell nach drei Monaten abgeschoben werde, fragten sie in die Runde.

Dialog fortsetzen

Auch interessant

Insbesondere die libanesischen Frauen waren es, die in der Gesprächsrunde das Wort ergriffen. Die anprangerten, dass nicht mal ihre hier geborenen Kinder automatisch deutsche Pässe bekommen und damit vom normalen gesellschaftlichen Leben abgeschnitten bleiben.

Pater Oliver vom Marxloher Petershof schilderte, wie er es hält. Er habe zwei libanesischen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz gegeben. Man solle nicht soviel reden, „sondern einfach mal machen“ und „die gemeinsame Zukunft gestalten“.

Karl-August Schwarthans will den Dialog in Laar fortsetzen.

Helfen, statt reden – Ein Kommentar von Gregor Herberhold 

Ratlosigkeit und Betroffenheit herrschten am Ende unter den Deutschen. Dass die Lebensumstände der geduldeten Libanesen derart schwierig sind, hätte sich niemand vorstellen können.

Hätte man nur viel früher schon mal miteinander, statt übereinander gesprochen. Immerhin: Die Awo hat das Eis geknackt. Das schafft wenigstens etwas Verständnis füreinander, auf lange Sicht hoffentlich auch Vertrauen untereinander.

Jetzt sind beide Bevölkerungsgruppen gefordert, weiter aufeinander zuzugehen. Sonst kann aus dem Samen, der Mittwoch in die Erde gebracht wurde, keine Pflanze werden