Obermarxloh. . Immer mehr Mädchen und junge Frauen interessieren sich für den Showkampf Wrestling. Am kommenden Wochenende läuft eine Veranstaltung.

Nadine verzieht das Gesicht vor Schmerzen. Die Gegnerin sitzt auf Nadines Rücken, hat ihr Bein zwischen den Oberschenkeln eingeklemmt und hakt die Hände blitzschnell unterm Kinn ihres Opfers ein. Sie zerrt jetzt mit aller Kraft, biegt Nadines Wirbelsäule nach hinten. Die 13-Jährige jault auf und klopft auf die Matte. Eins, zwei, drei, vorbei. Die Gegnerin löst ihren Aufgabegriff. „Sehr schön, Nadine!“, ruft Trainer Daniel Böx. „Aber Du hast gegrinst. Das sah nicht echt aus. Nochmal!“ Weiter geht’s, diesmal ohne Grinsen, das die Illusion eines echten Kampfs zerreißt.

Nadine ist Wrestlingfan, solange sie denken kann. Vor einem Monat ist sie zu den Duisburg Dockers gestoßen und nun selbst eine Wrestlerin. Zum Training kommt die 13-Jährige extra aus Leverkusen. Aber sie ist längst nicht die einzige junge Frau. In den vergangenen Monaten hat die kleine Abteilung des US-Sportvereins Zuwachs bekommen und ist auf über 20 Aktive angewachsen. Zuvor war Julie Guckes (22) die einzige Frau bei Dockers Wrestling. Dass nun eine Handvoll Mädels dabei ist, freut die frühere Thaiboxerin.

Nadine und Nuray Alimoglou (blaues Shirt) beim Training.
Nadine und Nuray Alimoglou (blaues Shirt) beim Training. © Funke Foto Services

Dennoch gilt der Sport als Männerdomäne. Dabei gibt es viele weibliche, berühmte Vorbilder. Etwa die Profi-Athletinnen Beth Phoenix, Natalya, Charlotte oder Paige aus der weltgrößten Liga WWE. „Wenn ich von meinem Hobby erzähle, gibt’s immer verwirrte Blicke“, sagt Nadine. Dass sie im Ring Kloppe mit dem Klappstuhl kassieren möchte, verstehen ihre Freunde einfach nicht. Mitstreiterin Hannah-Lea Orth (15) hat es da einfacher: „Mein Papa ist auch Wrestlingfan.“

Bis Hannah zum Probetraining kam, hat sie, ebenso wie Nadine, viele Sportarten ausprobiert. „Aber erst Wrestling hat mich richtig begeistert.“ Seit einem halben Jahr ist sie dabei und hofft bald auf ihren ersten Einsatz im Ring. Noch haben sie und Nadine keine Ringidentität: Nonnen, Verrückte, Walküren, Amazonen, Soldatinnen, Filmstars, Monster, sogar Bibliothekarinnen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. „Ich werde auf jeden Fall eine Böse“, sagt Nadine. Denn Wrestling soll unterhalten, das Publikum muss eine Athletin lieben oder hassen. Bösewichte nutzen fiese, verbotene Tricks und sind skrupellos. Das gefällt Nadine. Dagegen will Hannah lieber eine Heldin verkörpern.

Muskeln schützen vor Verletzungen

Noch hat die Abteilung jedoch zu wenige Frauen, als dass Mädels gegen Mädels antreten können. Daher sind gemischte Kämpfe die Regel. „Ich habe kein Problem damit, einen 30-jährigen Mann durch den Ring zu schmeißen“, sagt die 13-jährige Nadine selbstbewusst, lacht und zeigt stolz ihren Bizeps. „Für ihr Alter ist sie sehr, sehr kräftig“, lobt Trainer Daniel Böx. Doch sie müsse noch lernen, dass es nicht vorrangig um Kraft geht. „Die Kämpfe sind ja abgesprochen und der Gegner hilft mit, wenn man ihn hochhebt oder wirft.“

Auch interessant

Nadine hat sich jedoch ein Ziel gesteckt: Irgendwann will sie ihren deutlich größeren und schwereren Trainer bei einer Show über den Kopf wuchten und krachend auf den Ringboden knallen. Damit das nicht albern aussieht, weiß sie, müssen ihre Muckis noch wachsen. Dafür stemmt sie jetzt mehrmals die Woche schwere Gewichte. „Muskelmasse und Fitness sind extrem wichtig“, bestätigt Julie. „Das schützt uns vor Verletzungen.“ Zwar sind die Kampfergebnisse abgesprochen, aber es könne immer unabsichtlich etwas passieren. „Wir betreiben ja Kontaktsport. Wer bei uns mithalten will, muss mehr Sport machen, als einmal pro Woche für fünf Stunden zum Training kommen.“

Am kommenden Sonntag, 26. Juni, werden die jungen Frauen bei einer Show in Duissern (16 Uhr, Duissernstraße 16) vielleicht schon eingebunden. Doch das Drehbuch für den Tag ist noch geheim.

Julie Guckes hofft, dass der Frauenanteil beim Wrestling künftig noch weiter steigt.