Walsum. . Die Volkshochschule bietet im Sommer ein Dutzend Wanderungen in die Botanik an. Die erste Tour führte mehr als 50 Interessierte nach Duisburg-Walsum.

Es war die Nachtigall, da ist sich Dr. Johannes Meßer vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ganz sicher. Er legt den Finger auf den Mund, seine 54 Zuhörer werden still und lauschen konzentriert in die Heckenlandschaft der Walsumer Rheinaue hinein. Tschak, tschak, tschak, da schlägt sie wieder. „Das sind ja Langstreckenzieher, von denen schaffen es viele nicht, weil sie unterwegs in den Mittelmeerländern in Netzen landen“, sagt der Experte. „Wir waren hier schon runter auf drei Brutpaare, aber jetzt sind es wieder 13 Paare.“

Die Walsumer Wanderung zwischen Deichvorland, Auwald und Bergsenkungstümpeln ist die erste von zwölf naturkundlichen Exkursionen aus dem Sommerprogramm der Volkshochschule (VHS). Zu den kleinen, wohngebietsnahen Biotopen soll es in diesem Jahr gehen. Die als Naturschutzgebiet sehr bedeutende Walsumer Aue bildet die Ausnahme. Die anderen Biotope, die in den kommenden Wochen noch entdeckt werden können, sind weniger bekannt, aber nicht weniger spannend.

Storche als Glücksbringer

Marlies Rusche ist mit dem Fahrrad aus Röttgersbach gekommen, sie will die Störche sehen. Meßer hat das erste Nest mit seinem großen Standfernrohr eingefangen. Die Jungen sind schon recht weit. Sie schlagen mit ihren Flügeln und sammeln allmählich ihren Mut zum Ausfliegen. Eine von drei Bruten ist im Nest zu nass geworden und gestorben. Sechs Jungstörche aus zwei anderen Bruten haben aber gute Chancen, es zu schaffen. „Für mich sind das Glücksbringer“, sagt Marlies Rusche nach einem Blick durch das Okular auf ihre Lieblinge, „bloß das mit dem Zucker auf der Fensterbank, damit der Storch kommt und mir Geschwister bringt, das hat damals nicht hingehauen.“

Für den Zucker hätte der vielseitig interessierte Leiter eine bessere Verwendung. „Drei Hände voll Johanniskrautblüten in die Wodkaflasche, Kandis drauf, das gibt einen köstlichen Likör“, sagt er und schnalzt mit der Zunge. Er hält ein unscheinbares gelbes Blümchen hoch. Zu Hause hat er an die 40 selbstgemachte Liköre stehen. „Aber bitte die Pflanzen nicht im Naturschutzgebiet sammeln“, gibt Meßer seinen Mitwanderern noch mit auf den weiteren Weg. Die sammeln gerade Sinneseindrücke, die man nicht auf Flaschen ziehen kann.

Startende Graureiherund natürliche Bruthöhlen

Der startende Graureiher, das „Schweinequicken“ der scheuen Wasserralle, die nickende Distel am Deich, der kreisende Mäusebussard, die Nilgänse mit dem dunklen Augenfleck, das pilzbewachsene Bruchholz, die Kopfweiden voller natürlicher Bruthöhlen, die eingewanderten, armenischen Brombeerranken und die weißen, französischen Charolais-Rinder mit der charakteristischen runden Kehrseite hinter dem Zaun.

„Ist doch schön, dass wir den Bergsenkungen nicht bloß Risse in unseren Häusern verdanken, sondern auch diese einmalige Landschaft mit den wiederbelebten Altrheinarmen“, sagt Karl Jonas aus dem Duisburger Süden, für den das heute der erste Besuch in dieser Aue war.