Wehofen. . Willi Oberscheidt (86) ist mit der Winterlinde auf dem Sassenhof aufgewachsen. Sie ist die einzige im Duisburger Norden, die besonders geschützt ist.

Landwirt Willi Oberscheidt liebt die Natur. „Wir leben von der Natur, deshalb ist es selbstverständlich, dass wir sie pflegen.“ Knapp 40 Bäume hat der 86-jährige Ruheständler auf seinem Sassenhof in Wehofen, nahe der Grenze zu Oberhausen. Besonders hervor sticht allerdings die wuchtige Winterlinde mitten im Hof. Sie ist ein Naturdenkmal der Stadt Duisburg, die einzige so geschützte Winterlinde im Duisburger Norden. Seit knapp 160 Jahren steht sie bereits dort.

Wegen dieser herzförmigen Blätter gelten Linden als Liebesbäume. Liebesbekundungen sind in der Rinde der Sassenhoflinde aber nicht eingeritzt.
Wegen dieser herzförmigen Blätter gelten Linden als Liebesbäume. Liebesbekundungen sind in der Rinde der Sassenhoflinde aber nicht eingeritzt. © Funke Foto Services

Willi Oberscheidt ist mit ihr aufgewachsen. „Die Linde saut das ganze Jahr“, sagt er, aber durchaus liebevoll. „Erst die Blüten, dann die Samenpropeller und danach fallen Äste runter.“ Mindestens alle zwei Wochen fegt er deshalb den Hof, genießt aber im Sommer den kühlen Schatten, den die Blätter spenden. „Wenn die Linde blüht, sind die Hummeln und Bienen unterwegs und bestäuben“, erinnert er sich außerdem und lächelt.

Kaminholz und praller Nussvorrat

Ratschläge, er möge die Linde endlich fällen, damit sie nicht ständig den Hof vollsaut, hat er schon seit vielen Jahrzehnten missachtet. Jetzt, wo sie ein Naturdenkmal ist, ist es ohnehin nicht mehr erlaubt, die Axt kreisen zu lassen. „Bäume bedeuten für mich Wohnwert und Lebensqualität.“ Mit deren Holz beheizt er im Winter seinen Kamin, und seine Familie und Freunde haben immer einen prallen Vorrat an Hasel- und Walnüssen – dank seiner Sassenhofbäume. Eichhörnchen stibitzen ihm zwar einige Nüsse, vergraben und vergessen sie oft im Garten oder in Blumenkübeln, aber geschenkt! „Das sind putzige Tiere, mit denen kann ich gut teilen“, sagt er und lacht.

Hinter vielen Bäumen verberge sich übrigens eine Geschichte: So sei die Linde gepflanzt worden, als der jetzige Bauernhof 1861 gebaut wurde. Zudem pflanzt Familie Oberscheidt traditionell einen Baum, wenn es Nachwuchs gibt. Daher ist eine Eiche genauso alt wie der pensionierte Landwirt, und seine Söhne und Enkel haben ebenfalls ihre Bäume auf dem Sassenhof. Die geschützte Linde habe aber keinen höheren emotionalen Wert als eine alte Eiche, Kastanie oder ein Ahorn auf dem Gelände.

Baumkronen sind Kampfgebiet

Wegen ihrer herzförmigen Krone und Blätter zählt die Linde zwar als Liebesbaum, aber Liebesbekundungen für seine Ehefrau hat Willi Oberscheidt nicht in die Rinde geritzt. „Die Germanen haben früher unter einer Linde ihr Thing, ihre Stammesversammlung, abgehalten – und ihre Trauungen. Solche Geschichten habe ich aber nicht zu bieten“, sagt er. Dafür aber andere. So spricht er über die Baumkronen als Kampfgebiet: „Krähen nehmen die Nester von Elstern auseinander. Es gibt Revierkämpfe, besonders wenn die Aussaaten sind.“

So sehr Willi Oberscheidt seinen baumreichen Bauernhof auch schätzt, wenn er die Natur allerdings richtig erleben will, dann geht er in den Wald. „Dort sorgen die Bäume für besonders frische Luft.“