Hamborn. . Talenthaus besucht Achtklässler der Leibnitz-Gesamtschule. Spielend lernen sie in Kleingruppen, wie Konstrukteure, Ingenieure und Architekten arbeiten
Geschäftiges Treiben in der Aula. In Kleingruppen sitzen die Achtklässler an Tischen, stecken die Köpfe zusammen, sortieren bunte Holzstäbchen und diskutieren angeregt. Andere hocken auf dem Boden, ebenfalls vor Holzstäbchen. Plötzlich ein Jubelschrei. Eine Gruppe hat ihre Aufgabe gemeistert und eine Brücke ineinandergesteckt, ohne Kleber oder sonstige Hilfsmittel. Das spornt auch die übrigen Mitschüler an.
Zwölf unterschiedliche Aufgaben zum Tüfteln hat Karin Ressel vom Talenthaus, einer Abteilung des Technikzentrums Minden-Lübbecke, zur Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesamtschule in Hamborn mitgebracht. „Heute stellen wir spielerisch ungewöhnliche Berufe vor“, sagt sie und meint solche mit mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischem Hintergrund oder aus der Informatik. Es geht dabei etwa um Kreativität, motorische Begabung, Fingerfertigkeit, räumliches Denken und Rechnen.
Nachwuchsförderung für Ingenieure und Informatiker
Das Land NRW und die Arbeitsagentur möchte an Schulen diesen sogenannten Mint-Bereich fördern, um etwa Nachwuchs für Ingenieure zu gewinnen.
Natürlich sollen nicht alle Leibnitzschüler Informatiker oder Ingenieure werden, aber sie sollen erfahren, ob sie eine solche Laufbahn interessieren könnte. „Humor ist mir wichtig, schließlich bin ich ja kein Lehrer“, sagt Peter Gorsboth vom Talenthaus-Team, der früher bei Opel in Bochum Autos zusammengeschraubt hat. „Viele Jugendliche wissen heute ja leider gar nicht mehr, was Werkzeug ist, wie ein Schraubendreher, eine Zange oder ein Lötkolben aussieht.“ Gelötet wird diesmal zwar nicht, aber nach der Pause kommen Schraubendreher zum Einsatz.
Jetzt im Berufswunsch bestärkt
Zunächst versuchen Zeyneb Öztürk (13) und Melissa Eken (15) jedoch, mit bunten Holzstäbchen und Gummibändern das Modell eines Hauses zu bauen. Vereint probieren sie einige Ideen aus, geschafft! Beide lächeln zufrieden und tragen den Erfolg auf ihren Laufzetteln ein.
„Das war ein bisschen kompliziert“, sagt Zeyneb, deren Häuschen schon etwas die Form verliert. „Ich habe heute das erste Mal etwas konstruiert, aber es hat Spaß gemacht.“ Melissa findet den Tüfteltag ebenfalls besser als Unterricht. „Ich will Architektin werden“, sagt Zeyneb und fühlt sich durch die Aufgaben in ihrem Berufswunsch bestärkt. „Darauf habe ich jetzt noch größere Lust bekommen.“ Jetzt geht’s aber erstmal zur nächsten Aufgabe: Mathematik.
Frustrationsgrenzen überwinden
„Alle Schüler sind hochmotiviert und sehr konzentriert. Sie überwinden ihre Frustrationsgrenzen und alle schaffen die Aufgaben“, freut sich Carsten Mielke, der über die Bildungsinitiative Teach First an der Leibnitzschule arbeitet und das Talenthaus nach Hamborn geholt hat. „Die Schüler sind sich oft ihrer Potenziale nicht bewusst, erkennen aber jetzt, wo ihre Stärken liegen und was sie können.“
Übrigens genau zum richtigen Zeitpunkt, findet er. Denn im Herbst machen sie ihr Schülerbetriebspraktikum und vielleicht ja in einem Beruf, der mit ihrer jetzigen Lieblingsaufgabe zu tun hat.