Der 74-jährige Karl Scherf hat rund 1500 Tischflaggen von Reedereien und Werften gesammelt und stellt einen kleinen Teil davon zum Hafenfest in leer stehenden Ladenlokalen in Ruhrort aus
Angefangen hat alles vor 50 Jahren. Aber eigentlich erst, als im Jahr 1989 der Handelsfachwirt Karl Scherf mit der Schließung des Traditionsunternehmens Eisen Rustein in den wohlverdienten Ruhestand ging. Die Rede ist von Tischflaggen und das Mitglied des Ruhrorter Bürgervereins hat davon rund 1500 Exemplare zusammengetragen. Wieviel genau, das kann er gar nicht sagen. Und eine weitere Sammelleidenschaft treibt den ehemaligen Geschäftsführenden Gesellschafter des Schiffsausrüster Rustein an: Auch seine liebevoll zusammengetragene Kollektion von Mützenflaggen, heute würde man Pins mit dem Firmenenblem sagen - kann sich sehen lassen. Und weil der agile 74-Jährige seinen Stadtteil Ruhrort liebt, will er nun auch die Bürger an seine Leidenschaft teilhaben lassen. Dafür kam ihm die Idee, die Besitzer von leer stehenden Ladenlokalen im Stadtteil anzusprechen, ob nicht zum kommenden Hafenfest die leeren Auslagen in kleine Museen der Schifffahrtsgeschichte verwandelt werden könnten. Das Resultat kann man jetzt bewundern, bis in den September sind die Exponate samt Erklärungen zu sehen.
Leidenschaftlich hat Karl Scherf früher die Tischflaggen gar nicht betrachtet. Als er in der Firma Ruhstein in den Außendienst versetzt wurde, brachte er von seinen vielen Besuchen bei Werften und Reedereien stets deren Tischflaggen mit nach Ruhrort. Dort säumten diese die Fensterbank seines Büros an der Harmoniestraße. Als die Firma im Jahr 1989 aufgab, hatten sich 400 Exemplare angesammelt. Beim Einpacken der Flaggen kamen viele Erinnerungen - natürlich nur gute - an die Kunden zurück und Karl Scherf entdeckte seine Sammelleidenschaft. Was seine Frau mit dem Kommentar "Die machst du dann aber auch alleine sauber" quittierte.
Die Sammlung wächst und wächst, in einem Extrazimmer hoch über Ruhrort an der Harmoniestraße untergebracht. Mit den Flaggen wächst aber auch der Wunsch, mehr über die Firmen zu erfahren, die sie darstellen. "Eine Flagge ohne Geschichte ist wie Suppe ohne Salz", kommentiert Scherf seine Expeditionen ins Internet, seinen Austausch mit anderen Sammlern und sein intensives Studium alter Bücher zu dem Thema Rheinschifffahrt. Auch das Ziel seiner Sammelleidenschaft hat Karl Scherf klar vor Augen: Ein Buch über seine Schätze!
Auch wenn sich bereits viele Flaggen der Seeschifffahrt "verirrt" haben, sein Herz schlägt für die Geschichte der Binnenschifffahrt rund um Ruhrort, die Niederlande, die Schweiz, Belgien und Frankreich, eben den Rheinanrainer-Staaten.
"Nachschub" an neuen Flaggen gibt es mittlerweile auch im Internet, mit acht weiteren Sammlern steht Karl Scherf ständig in Kontakt. Für die Ausstellung in den Ruhrorter Ladenlokalen bekam er vom benachbarten Binnenschifffahrtsmuseum die Rahmen geliehen, die er bereits bei seiner Präsentation im Museum benutzt hat. Denn jede Flagge bekommt bei ihm einen Text, dessen Recherche sich oft mühsam gestaltet. "Es ist als ob man eine Zitrone auspresst, dann aber aus dem Saft noch ein Konzentrat bereitet", schmunzelt der Sammler.
Für die aktuelle Ausstellung rund um das Hafenfest vom 25. bis 28. Juli bekam Scherf weitere Schiffs-Exponate von der ehemaligen Reederei Luwen, alte Bilder zeigen Ruhrorter Hafen- und Werftszenen. Scherf hofft nun, zusammen mit Mario Adams, Vorsitzender des Ruhrorter Bürgervereins, auf eine Kettenreaktion und Initialzündung für die Nutzung leer stehender Ladenlokale im Hafenstadtteil. "Ich möchte andere Ruhrorter Bürger anregen, ebenfalls auszustellen und somit die Läden mit Leben zu erfüllen. Ich könnte mir sogar Patenschaften von Firmen vorstellen, die sich jeweils um Präsentationen in den Ladenlokalen bemühen", Karl Scherf hat mit 74 Jahren noch viele Visionen. Diese kann Mario Adams nur allzu gerne teilen.
Mit den erreichten 1500 Exemplaren will sich Karl Scherf nicht zufrieden geben, er sammelt und tauscht auch weiter Tisch- und Mützenflaggen. Kontakt unter Tel: 0203/81877.