Marxloh. Seit 1989 hat Benedetto Timpanaro an der Kaiser-Friedrich-Straße Eis verkauft. Aber dem Stadteil gehen die deutschen Kunden aus.

Beim Studium seiner letzten Eiskarte läuft einem das Wasser im Mund zusammen, beim „Lampone-Becher“ zum Beispiel mit Vanille- und Himbeer-Eis, frischer Sahne, Himbeeren und Himbeerlikör oder beim „Pfirsichpokal ,Peche Melba’“ aus Vanille- und Aprikosen-Eis mit frischer Sahne, Pfirsich Melba und Orangenlikör. Aber all das war einmal. Am heutigen 9. April gibt Benedetto Timpanaro (59) das Ladenlokal seines „Eis-Café Feletti“ an der Kaiser-Friedrich-Straße an seinen Vermieter zurück. Damit schließt das letzte italienische Eis-Café in Marxloh.

Seit 1960 konnten die Hamborner hier Gaumenfreuden von der italienischen Halbinsel genießen. Als Timpanaro 1989 das traditionsreiche Eis-Café übernahm, konkurrierten hier noch vier Betriebe miteinander. Immerhin hat er am längsten überlebt. „Aber heute kann nicht einmal ich alleine hier mehr existieren“, sagt der Wirt. Das sei dem Bevölkerungswandel in Marxloh geschuldet, dem Zuzug der Türken und dem Fortzug der Deutschen. „Die Türken sind keine Eis-Esser“, sagt der Italiener. „Die gehen lieber in ihre eigenen Cafés.“ Eis könne man ihnen nur zwei bis drei Monate im Jahr verkaufen. Davon könne er nicht leben. „Die Deutschen essen das ganze Jahr über Eis“, weiß er dagegen. Aber die kommen kaum noch an die Kaiser-Friedrich-Straße.

Von Hochzeitsmeile keine Vorteile

Auch von der florierenden Hochzeitsmeile hat Benedetto Timpanaro nicht profitiert. „Die Besucher kommen hier nur rein, um meine Toilette zu benutzen“, sagt er.

Der Niedergang zeichnete sich schon länger ab. „Was ich heute im Sommer verdiene, habe ich früher im Winter gehabt“, erzählt der Gastronom. Er räumt ein, Mietschulden in fünfstelliger Höhe zu haben. Aber sein Vermieter, eine Grundstücksgesellschaft in Berlin, habe über eine Mietsenkung nicht mit sich reden lassen. Überhaupt sei der Kontakt mit ihr fast nur über Anwälte gelaufen. 900 Euro kalt hat er zuletzt für das 72 Quadratmeter große Ladenlokal zahlen müssen. Allenfalls die Hälfte hält er für tragbar. Vor ihm hätten sich schon der Apotheker, das Schmuckgeschäft und eine Anwaltskanzlei neue Räume gesucht. Als die Berliner mit ihrem Versuch vor Gericht gescheitert seien, ihm gleich 2000 Euro monatliche Abzahlung der Mietschulden aufzubürden, habe er die Kündigung bekommen. Auch die Übernahme der Inneneinrichtung durch einen Nachmieter hätten sie unterbunden. Jetzt deponiert Timpanaro sie zunächst in seiner Garage in Walsum. Denn er weiß noch nicht, wie es weitergehen soll. Fünf Jahre hätte er noch bis zur Rente. Sein älterer Bruder hat schon vor Jahren sein Eis-Café in Walsum aufgegeben, fährt lieber im Sommer mit dem Eiswagen herum. Vielleicht kann er den ja übernehmen.