Duisburg. Elf Jahre nach der Loveparade-Katastrophe fanden sich Angehörige der Verunglückten am Unglücksort ein, um gemeinsam der Opfer zu gedenken.
23 Schläge mit der Schiffsglocke erinnerten am Samstagnachmittag an die Loveparade-Katastrophe, die sich genau vor elf Jahren in Duisburg ereignete. 21 Schläge galten den 21 Menschen, die an der Rampe zum Veranstaltungsgelände am 24. Juli 2010 ihr Leben ließen. Ein weiterer Glockenschlag erinnerte an die Verletzten und Traumatisierten des Unglücks.
Am Samstag kam noch ein weiterer Schlag hinzu. Jürgen Thiesbonenkamp, der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung „Duisburg 24.7.2010“, erläuterte zu Beginn seiner Gedenkrede den Grund: „Dieser zusätzliche Glockenschlag ist den Opfern der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gewidmet.“
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Loveparade: Angehörige trauern und gedenken der Opfer in Duisburg
Bei der Loveparade im Jahr 2010 auf dem ehemaligen Gelände des Güterbahnhofs kamen nicht nur 21 Menschen ums Leben, mehr als 650 wurden verletzt. Viele Beteiligte sind bis heute traumatisiert. Die Gedenkveranstaltung fand wie in den Jahren zuvor an der mittlerweile zur Gedenkstätte umgestalteten Rampe statt, dem Zugang zum damaligen Veranstaltungsgelände auf dem ehemaligen Güterbahnhof.
Nach einem Gottesdienst in der Salvatorkirche besuchten zahlreiche Angehörige aus dem In- und Ausland den Ort, an dem ihre Lieben zu Tode gekommen sind, legten dort Blumen ab und gedachten auf diese Weise ihren Familienmitgliedern. Im vergangenen Jahr war wegen der Pandemie nicht allen Angehörigen aus dem Ausland eine Anreise möglich. Aktuell konnten aus diesem Grund nur Betroffene aus Australien nicht nach Duisburg kommen.
Ort des Unglücks bietet der Trauer einen Raum
Jürgen Thiesbonenkamp fand die richtigen Worte, erinnerte an den Tag, der „den Menschen den Boden unter den Füßen weggerissen hat“. „Seitdem leben wir alle mit den innerlichen und äußerlichen Wunden, vergessen sind die Bilder bis heute nicht“, so der Kuratoriumsvorsitzende. Er brachte zum Ausdruck, dass der Ort des Unglücks für viele der Platz sei, an dem der Trauer Raum gegeben werden kann. Viele schöpften aus dem Treffen aber auch wieder neue Kraft und Zuversicht.
Die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft nahm ebenfalls an der Gedenkfeier teil, wirkte in sich gekehrt und betroffen. Als die Katastrophe geschah, war sie gerade zehn Tage im Amt. Öffentlich äußern möchte sich die Mülheimerin nicht mehr, der Jahrestag des Unglücks hat sich bei ihr fest eingebrannt: „Ich bin immer hier.“
OB Sören Link: Erinnerungstag ist unverzichtbar
Betroffen zeigte sich auch Duisburgs OB Sören Link, der für die Stadt einen Kranz an der Gedenkstätte niederlegte. Er bezeichnet den Erinnerungstag als unverzichtbar: „Das war eine schlimme Tragödie, die unfassbares Leid verursacht hat.“ Ein Verdrängen könne es in diesem Fall nicht geben, der Umgang mit dem Thema sei weiterhin wichtig und ein Zeichen von Stärke.
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Umrahmt wurde die Gedenkveranstaltung von stimmigen musikalischen Beiträgen des Duisburger Liedermachers Philipp Eisenblätter. Eisenblätter war vor elf Jahren selbst auf dem Weg zum Loveparade-Gelände. Vor dem Tunnel an der Karl-Lehr-Straße soll ihm eine innerer Stimme gesagt haben, kehr um. Eine Option, die viele der Verunglückten damals nicht hatten.
>> PODCAST ÜBER DIE LOVEPARADE-KATASTROPHE IN DUISBURG
Doch wie und warum kam es bei dem Techno-Festival zum tödlichen Gedränge? Wieso wurden die Sicherheitsbedenken ignoriert? Und wie gehen die Betroffenen heute mit dem Erlebten um? Der Podcast „Loveparade 2010 – Die Geschichte einer Tragödie“ geht diesen Fragen nach.
In den Episoden erzählen etwa Journalistinnen und Journalisten der WAZ das Geschehene noch einmal nach, gemeinsam mit Traumatisierten, Betroffenen und Angehörigen der Todesopfer. Der Podcast kann direkt hier im Portal und über Streaming-Apps wie Spotify, Apple Podcasts oder Audio Now abgerufen werden.