Der rostige Kahn, der vor zwei Wochen in Ruhrort angelegt hat, sieht aus wie ein Seelenverkäufer. Dass er unbehelligt von Piraten durch die somalischen Gewässer gekommen ist, glaubt man gern.

Materielles ist auf der Naumon nicht zu holen. Das Schiff dient als Seelenfänger. Carlos Padrissa, Regisseur der katalanischen Extrem-Theatergruppe „La Fura dels Baus”, bereitet auf und rund um die Naumon ein Spektakel vor, wie es Duisburg noch nicht gesehen hat. Premiere ist am 21. Mai im Kulturhauptstadtjahr 2010.

„La Fura dels Baus” – übersetzt „Das Frettchen der Mülldeponie” – steht für gigantische Aufführungen. 1979 nach dem Ende der Franco-Diktatur gegründet, trat das anfängliche Straßentheater schnell seinen Siegeszug um die Welt an. Es inszenierte die Eröffnungsfeier der olympischen Spiele 1992 in Barcelona, es war bei der Ruhr-Triennale zu Gast, trat in der Kulturhauptstadt Genua 2004 auf und hat mit seiner „Naumon” inzwischen 40 000 Seemeilen zurück gelegt, 18 Mal die Meerenge von Gibraltar passiert und ist bis ins Chinesische Meer vorgedrungen. „Ein großes Stück Metall ist ein Kulturort geworden”, so Padrissa über das Schiff, das vor 44 Jahren in Norwegen für Fahrten in den eisigen Gewässern am Polarkreis gebaut wurde.

Noch lange nicht steht fest, wie Padrissas Inszenierung genau aussehen wird, aber am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr entsteht „etwas Großes für einen maritimen Ort”, sagte der Regisseur gestern. Die Aufführung werde von den Flüssen inspiriert sein. Zur Musik von Richard Wagners „Rheingold” soll die Naumon einlaufen, sollen Nixen aus dem Wasser steigen. „Wir wollen in einer Stunde darstellen, was Rheingold bedeutet.” Es soll aber auch eine Beziehung hergestellt werden zu Gerhard Mercator, „dem großen Sohn der Stadt”. Dreh- und Angelpunkt werde die Spitze der Mercatorinsel sein, eventuell wird auch die Friedrich-Ebert-Brücke einbezogen. Bestimmt mitspielen wird ein alter, in Duisburg gebauter Kran, der zur Zeit in einer anderen Fura-Inszenierung im italienischen La Spezia im Einsatz ist. Musiker, Trapezkünstler, Schauspieler und Tänzer wirken mit an den bewegten Bildern, dazu zehn Meter hohe Figuren und natürlich Licht und Feuer. 60 bis 80 heimische Künstler sollen eingebunden werden. Weil Duisburg für ein Jahr gewissermaßen zum rettenden Hafen für die Naumon geworden ist – die Liegekosten in Barcelona sind 20 Mal so hoch und wären nicht länger finanzierbar gewesen – werde die Aufführung „etwas, auf das man stolz sein kann”, so Padrissa. Angesprochen werden sollen Besucher jeden Alters.

Zehn bis 14 Tage lang wird 2010 Ruhrort bespielt, und dabei sollen auch „Visionen beschrieben werden für den Stadtteil, der auf der Kippe stand”, so Frank Jebavy, Chef des Duisburger Festivalbüros. Ab September werde ein „Forschungslabor” mit Studenten eingerichtet.

„Das Eis ist gebrochen für die Kulturhauptstadt”, sagte 2010-Geschäftsführer Oliver Scheytt, der aus Essen auf die Naumon gekommen war. Er dankte dem Sponsor Haniel ebenso wie Kulturdezernent Karl Janssen.