Die letzte Tour des Jahres fand Mitte Oktober statt und führte nach Schermbeck in den Dämmerwald. Nun verstaut die Tandemgruppe des Blinden- und Sehbehindertenvereins Duisburg ihre mit vier Pedalen und zwei Satteln ausgestatteten Langräder erst einmal im Winterlager – einer Garage in Neudorf. Im Rückblick auf die in 2014 unternommenen Fahrten sagt Horst Schilbach, Leiter der Tandemgruppe: „Alle Touren hatten ihren Reiz. Uns geht es gar nicht so sehr ums Kilometerfressen, sondern wir wollen vor allem die Natur erleben.“

Damit das klappt, müssen die Erblindeten nicht nur aufmerksam Nase und Ohren in den Fahrtwind halten, sondern sie sind auch auf die detailreichen Schilderungen ihre sehenden „Piloten“ angewiesen. Einer, der diese Fähigkeit bestens beherrscht, ist Bernd Englisch. Seit 20 Jahren nimmt der Oberhausener nun schon auf dem vorderen Sitz des Tandems Platz und tritt gemeinsam mit seinem sehbehinderten oder erblindeten Mitfahrer in die Pedalen. „Unterwegs findet oft ein reger Austausch statt. Ich schildere, was zu sehen ist, und mein Kopilot macht mich ganz oft auf besondere Geräusche oder Gerüche aufmerksam, die mir sonst entgangen wären“, schildert Englisch.

Andere langjährige Piloten wie Martin Langenfurth, Michael Roth oder Wolfgang Scherf sind fast bei jeder Tour dabei. Der gesamte Pool umfasst rund zwölf Piloten. Genauso viele Koplioten gehören zur Tandemgruppe. „Es fahren aber nie alle mit“, erzählt Englisch. „Das geht auch nicht, wir haben nur elf Tandems.“ Meistens machen sich sechs bis acht Zweierteams auf den Weg. Ziele waren diesmal etwa der Lippe-Radweg und der Ruhrtalradweg, der etappenweise jeweils als Tagesausflug erkundet wurden – und zwar immer sonntags. Im Sommer gibt es aber auch öfter eine Wochenendtour über zwei Tage.

Unterwegs wird Pause gemacht. Zur Stärkung bei einer Einkehr. Aber auch zum Erkunden der Umgebung. „Wir halten gern an Brunnen oder Statuen, die wir ertasten können“, sagt Schilbach und erklärt: „Das Fühlen ist unser Sehen, die Finger sind unsere Augen.“ In all den Jahren sind Freundschaften zwischen Piloten und Kopiloten entstanden. Das ist der beste Antrieb für die Tandemgruppe.