Die „Luxus-Rente“ des ehemaligen Sparkassen-Chefs hatte für Aufsehen gesorgt: Jetzt haben sich die Sparkasse und ihr früherer Vorstandsvorsitzender Hans-Werner Tomalak „gütlich geeinigt“, heißt es in einer knappen Pressemitteilung vom Donnerstagabend. Allerdings wirft die Erklärung noch viel mehr Fragen auf als sie überhaupt beantwortet. So lässt die Sparkasse offen, worauf sich beide Seiten denn nun überhaupt geeinigt haben, sieht das Thema aber dennoch als „endgültig erledigt“ an. An öffentlicher Aufklärung ist den Beteiligten nicht gelegen: Sie haben sich allesamt zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Nach NRZ-Informationen soll Tomalak zwar nun auf den umstrittenen zehnprozentigen Aufschlag verzichten, dem ihm der Hauptausschuss vor über einem Jahr genehmigt hatte: Als Pension erhält er jeden Monat nun 25.000 statt 30.000 Euro. Brennpunkt der Debatte war aber stets, wie die Erhöhung zustande kam. Jetzt erklärt die Sparkasse, dass sie „bedauert, dass durch Veröffentlichungen in der Presse der falsche Eindruck entstanden ist, es seien im Zug der Entscheidungsfindung über die Vertragsänderung Kontrollsysteme der Sparkasse ausgehebelt worden.“
Das Image geht vor
Höchst seltsam: Denn es war der jetzige Sparkassen-Chef Joachim Bonn, der im Juli erklärt hatte, dass „Kontrollgremien ausgehebelt wurden“. Wer hier wen ausgehebelt haben soll, ließ Bonn zwar namentlich offen, suggerierte aber, dass Tomalak selbst die Erhöhung initiiert und durchgedrückt hatte. „Kein Kontrollsystem der Welt ist immun dagegen, ausgehebelt zu werden“, so Bonn. Den harten Vorwürfen folgt jetzt ein wachsweiches Bedauern.
Die Details und Hintergründe, wie es letztlich zu dem umstrittenen Beschluss kam, können selbst Mitglieder des Aufsichtsgremiums nicht nachvollziehen, obwohl sie sowohl den internen Revisionsbericht als auch die Stellungnahme von Tomalaks Anwälten kennen. „In zentralen Punkten gibt es unterschiedliche Behauptungen“, sagte ein Verwaltungsrat der NRZ.
Viel wichtiger als die Antwort auf drängende Fragen ist den Verantwortlichen offenbar, das Thema so schnell wie möglich vom Tisch zu bekommen und einen weiteren Imageschaden von der Sparkasse abzuwenden. Denn falls zu tief gebohrt wird, könnten sich auch andere Beteiligte mit unangenehmen Fragen konfrontiert sehen.
Dass die Rente des Sparkassenchefs mit 65 % seines letzten Gehalts deutlich üppiger ausfiel als es die Empfehlungen des Sparkassenverbands mit 55 % vorsehen, kam im Juni durch einen Bericht dieser Zeitung ans Licht. Erst daraufhin hatte Oberbürgermeister Sören Link den knapp ein Jahr alten Beschluss beanstandet. In einem internen Brief weist Link darauf hin, dass er bis dahin „auf eine rechtskonforme Vorbereitung des Beschlusses durch den Vorstand – insbesondere den Compliance-Vorstand – der Sparkasse vertraut habe und darauf vertrauen durfte.“ Link war bei der Beschlussfassung des fünfköpfigen Hauptausschusses selbst zugegen, nämlich als Beanstandungsbeamter. Im Protokoll ist festgehalten, dass die Begründung und Notwendigkeit für die Pensionserhöhung „hinterfragt“ worden sei. Fraglich bleibt, warum der OB nicht bereits damals einschritt und auf den Vorstand vertraute, der aus persönlicher Betroffenheit nicht dabei war. Denn in der gleichen Sitzung ging es auch um die Verlängerung der Verträge aller anderen Vorstände.
Die wollen von der Pensionserhöhung ihres Vorsitzenden im Vorfeld nichts gewusst haben. Allerdings wird in Dokumenten vermerkt, dass es im Vorfeld eine Diskussion zwischen Tomalak und Bonn in der Frage über die Zuständigkeit des Gremiums gegeben haben soll. Zudem soll der Beschluss bereits einen Tag später von allen Vorstandsmitgliedern ohne Beanstandung gegengezeichnet worden sein.
Alle Vorstandsverträge weichen ab
Die Pensionsregelung von 65% ist zudem im Jahresabschluss 2013 aufgeführt, den der gesamte Vorstand vier Tage nach Ausscheiden von Tomalak am 4. April 2014 unterzeichnet hat. Selbst die Prüfungsstelle des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands hatte keine Einwände: Die Prüfer haben den Jahresabschluss am 4. Juli gegengezeichnet, also erst nach der Beanstandung des Oberbürgermeisters.
In einer Stellungnahme an die Sparkasse betonen Tomalaks Anwälte, dass ihr Mandant weder der Ersteller noch der Initiator der Vorlage sei. Zudem sei die Abweichung von den Empfehlungen in der Sparkasse seit Jahren gelebte Praxis: Frühere Vorsitzende sollen gar 75 Prozent ihres letzten Gehalts als Pension kassieren. Vergleichbar sind diese Versorgungsansprüche aber wohl nicht, da sie noch unter die Beamten-Regelung fallen sollen.
Pikant: Auch sämtliche Verträge der aktuellen Vorstandsmitglieder sollen von den Verbandsempfehlungen abweichen. So sehen die Empfehlungen neben einem Grundbetrag und einer allgemeinen Zulage von 15 % die Möglichkeit, einer weiteren „leistungsbezogenen Zulage“ von bis zu 15 % vor, die „durch Beschluss des Verwaltungsrats aufgrund einer individuellen erfolgs- und leistungsorientierten Beurteilung“ gezahlt werden kann. In Duisburg wird dieser klassische „Banker-Boni“ nicht gezahlt, stattdessen aber eine allgemeine Zulage von 25 Prozent. Sprich: Ganz gleich wie das Jahresergebnis ausfällt, der Vorstand erhält den Bonus so oder so— ohne Beschluss und ohne die empfohlene „individuelle erfolgs- und leistungsorientierte Beurteilung.“ Hinzu kommt: Der obligatorische Boni von 10 % wird - anders als die Leistungsprämie - auch bei der Pension berücksichtigt.
Wie der Rheinische Sparkassen- und Giroverband auf NRZ-Nachfrage mitteilt, sollen die Empfehlungen „einen Orientierungsrahmen bei der Vereinbarung der konkreten Anstellungsbedingungen bieten“. Die Verträge seien aber „privatrechtlich von den beiden Vertragsparteien auszuhandelnde Dienstverträge“, bei denen „aus unterschiedlichsten Erwägungen und Gründen“ von den Empfehlungen abgewichen werden könne. Das liege in der Verantwortung der Aufsichtsorgane der Sparkassen.
Wenn Oberbürgermeister Sören Link allerdings nicht mit zweierlei Maß messen will und die üppige Luxus-Rente einkassiert, dann müsste er auch alle im November 2013 neu verhandelten und im gleichen Verfahren beschlossenen Vorstandsverträge beanstanden.