Duisburg. Über gelungene Architektur und Stadtentwicklung in Duisburg will der Beirat für Stadtgestaltung wachen. Er kennt gute Beispiele, leider auch schlechte - ein Interview mit dem Vorsitzenden des Beirates, den Duisburger Architekten Peter Poelzig.

Peter Poelzig hatte gar keine andere Wahl als Architekt zu werden. Sein Großvater war ein bekannter Architekt im Berlin der 1920er Jahre, sein Vater trat in dessen Fußstapfen und auch der Sohn baute in seiner Berufszeit viele Gebäude, darunter auch Krankenhäuser und Altenheime. Als Vorsitzender des Beirat für Stadtgestaltung setzen er und seine Kollegen sich zudem mit der aktuellen (architektonischen) Stadtentwicklung Duisburgs auseinander. Im Gespräch mit WAZ-Redakteurin Fabienne Piepiora erklärt er, welche Projekte er in Duisburg für gelungen hält und was er Verwaltung und Politik für die nächsten Jahre ins Stammbuch schreiben möchte.

Vor 18 Jahren wurde der Beirat für Stadtgestaltung gegründet. Was ist genau seine Aufgabe?

Peter Poelzig: Wir sind ein interdisziplinäres Gremium, das ehrenamtlich und kostenlos Bauherren, Architekten und die Stadt berät. Wir haben Experten aus dem Bereich der Architektur und dem Städtebau, der Landschaftsplanung, der Denkmalpflege und zusätzliche Fachdisziplinen. Der Beirat bewertet die Projekte, weist auf Schwächen hin und macht auch Verbesserungsvorschläge. Diese gehen dann als Empfehlungen an die Ausschüsse. Früher wurden wir oft zu spät eingeschaltet, wenn vieles schon entschieden war, aber das hat sich durch organisatorische Maßnahmen gebessert.

Architekt Peter Poelzig in seinem Atelier in Duisburg direkt am Wambachsee
Architekt Peter Poelzig in seinem Atelier in Duisburg direkt am Wambachsee © Stephan Glagla / WAZ FotoPool

Gibt es eigentlich objektive Kriterien für gute Architektur oder ist das alles Geschmacksache?

Poelzig: Es gibt schon Kriterien für eine quasi objektive Bewertung, etwa ob ein Objekt städtebaulich gut eingebunden ist, die Proportionen und Details stimmen und wie mit der Materialität umgegangen wird. Natürlich muss ein Gebäude auch funktionale Bedingungen erfüllen.Es gibt schon sehr große qualitative Unterschiede.

Nennen Sie doch bitte ein Beispiel für eine gute Lösung und eines, wo es nicht so gut funktioniert?

Poelzig: Ein Beispiel für eine gelungene Wohnbebauung sind die Häuser der Wohnungsgenossenschaft Mitte an der Templerstraße. Die Anlage ist zeitgemäß und bietet bezahlbaren Wohnraum. Auch der Innenhafen ist städtebaulich und architektonisch aufgrund von Architekturwettbewerben gut gelöst. Er bietet eine gute Mischung aus Wohnen, Büros, Kultur und Kneipen. Qualitativ mangelhaft ist jedoch das Ärztehaus hinter dem Kaufhof und zwar städtebaulich und architektonisch – ein viel zu hohes Haus in einer bescheidenen Blockbebauung.

Allerdings scheint auch der Innenhafen auf dem absteigenden Ast zu sein.

Poelzig: Das ist wirklich bedauerlich. Die Wohnungen sind dort schön, gut gelegen und im Vergleich zu hochwertigen Wohnungen in anderen Städten verhältnismäßig günstig. Andererseits sind die Mieten dort auch etwas höher, etwa für die Kneipen. Daher gibt es zu viele Ketten. Es fehlt etwas Besonderes, das es nur in Duisburg gibt etwas kleinteiliges und individuelles. Trotzdem ist der Innenhafen eine Erfolgsgeschichte für Duisburg. Er muss sich aber weiterentwickeln und hat dafür große Chancen.

Hat Duisburg eigentlich die visionären Politiker, die die Stadt braucht, um sich weiterzuentwickeln?

Poelzig: Jede Stadt hat die Politiker, die sie verdient. Die einen sind ein bisschen mutiger, andere zaudern länger. Man merkt allerdings schon, dass die Stadt wenig Geld hat und Projekte deshalb ins Stocken geraten.

Wo zum Beispiel?

Poelzig: Etwa, wenn es um das Mercatorquartier geht. Um dort voran zu kommen, müssten ja die Schulen abgerissen werden. Auch die Entwicklung der Bahnhofsplatte hat länger gedauert, weil zwischendurch das Geld für die Realisierung fehlte.

Macht sich die Stadt zu abhängig von bestimmten Investoren?

Poelzig: Ich würde Duisburg einen größeren Wettbewerb wünschen. Dazu müsste die Stadt aber in die Lebensqualität investieren. U.a. Gebäude abreißen, neue Grünflächen und Plätze schaffen. Spielplätze anlegen, für Kinder und ältere Menschen. Dann wird Duisburg interessant für Firmen, die sich ansiedeln wollen und dann kommen auch Investoren.

Gibt’s noch Hoffnung?

Poelzig: Natürlich. Der Prozess „Duisburg 2027“ ist sehr positiv zu bewerten, weil dort die Bürger mitreden konnten. Auch das Charrette-Verfahren war gut. Früher sind die Projekte eher unter der Tischdecke verhandelt worden und dann wurde ein Ergebnis verkündet. Das hat sich wesentlich verbessert.

Sie sind als Architekt viel rumgekommen. Wie gefällt Ihnen das Stadtbild von Duisburg insgesamt?

Poelzig: In Teilen gut.Z.B. die Zeugen der industriellen Vergangenheit,die alten Siedlungen, der Landschaftspark und natürlich auch der Innenhafen. Andererseits gibt es in der Stadt viele Brüche. Daraus ergibt sich jedoch auch ein interessantes Spannungsfeld.

Beirat tagt am Dienstag öffentlich im Kleinen Prinzen 

Der Beirat für Stadtgestaltung tagt in der Regel nicht öffentlich, macht aber am Dienstag, 23. September, eine Ausnahme. Dann findet um 18 Uhr im Kleinen Prinzen eine Sitzung zur Eck-Bebauung der Bahnhofsplatte statt. „Die tauchte schon im Fosterplan auf und im Grunde ist es sinnvoll, den viel zu großen Platz zu ­fassen“, erklärt Peter Poelzig. Er kennt das Argument, dass es Leerstand in der Stadt gebe, aber es sei eben auch wichtig, hochwertig neu zu bauen.

Neben den Beiratsmitgliedern werden auch Berliner Architekten anwesend sein, die die Veranstaltung moderieren.Anschließend haben interessierte Bürger die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Die Stadt sucht derzeit nach einem neuen Investor, nach dem Multi Development abgesprungen war. Neben dem Gebäude wird sich auch die Mercatorstraße verändern. Sie wird verschwenkt und nur noch zweispurig sein. Das Vorhaben war auf Kritik gestoßen, weil deshalb auch einige der alten Platanen gefällt werden müssen.