Jedes Jahr kommen auch nach Duisburg minderjährige Flüchtlinge aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt ohne Begleitung ihrer Eltern. Meist werden sie von der Polizei aufgegriffen und zum Jugendamt gebracht, das sich um diese Jugendlichen kümmert.
Sie kommen nicht in Massen, und sie kommen meist nicht über die zentralen Erstaufnahmestellen für Asylbewerber. Aber plötzlich sind sie da, Kinder und Jugendliche, die aus Krisen- und Kriegsgebieten geflohen sind, ohne ihre Eltern oder sonst einen Erwachsenen, der sie auf diesem gefährlichen Weg hätte beschützen können. Auch nach Duisburg kommen jährlich einige dieser unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, im Behördendeutsch UMF abgekürzt. Und auch wenn die Zahl in den vergangenen fünf Jahren relativ konstant um die 15 Fälle gelegen hat, werden es in diesem Jahr wohl mehr werden. So jedenfalls schätzt Heidi Kloppert die Lage ein. Sie ist Arbeitsgruppenleiterin des Bereiches Amtsvormundschaften im Jugendamt und als solche dafür zuständig, sich mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu kümmern. Denn die müssen in Obhut genommen und untergebracht werden.
In Obhut genommen
„Meist ist es die Polizei, die diese Jugendlichen aufgreift und dann das Jugendamt verständigt. Da wir diese Kinder und Jugendlichen nicht zu ihren Eltern zurückbringen können, werden sie vom Jugendamt in Obhut genommen und in Jugendeinrichtungen untergebracht. Bei uns kommen diese jungen Flüchtlinge nicht in eine Asylunterkunft“, erklärt Heidi Kloppert die Vorgehensweise. „Die erste Verständigung mit diesen Jugendlichen ist oft schwierig. Die meisten kommen aus Afghanistan, aus Kamerun, Ghana, jetzt sind auch die ersten aus Syrien bei uns angekommen. Sie alle sprechen in der Regel nur ihre Landessprache, da fallen eine Menge Dolmetscherkosten an.“
Aber es ist unabdingbar. Denn es muss geklärt werden, ob die Eltern noch leben, und wenn ja wo, ob sie erreichbar sind oder nicht, und welchen Strapazen diese Jugendlichen ausgesetzt waren. „Die Hälfte dieser unbegleiteten Minderjährigen kommen tatsächlich mit dem Flugzeug zu uns, andere wurden Schleusern anvertraut. In beiden Fällen haben die Eltern oft ihr letztes Geld zusammengekratzt, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen“, schildert Heidi Kloppert ihre Erfahrungen.
Duldung oder Asyl?
Aber es gibt auch Jugendliche, deren Eltern nicht mehr leben, wie bei dem 14-Jährigen aus Angola, dessen Eltern bei einem Attentat getötet wurden. Er hat sich bis zu seinem „Onkel“ in Duisburg durchgeschlagen, der sich jetzt ans Jugendamt gewandt hat, weil er den Jungen selbst nicht aufnehmen kann. „Die Familien, zu denen sich die Jugendlichen flüchten, leben hier meist sehr beengt. Oft sind das auch gar keine richtigen Verwandten, sondern Bekannte, etwa vom selben Clan oder Stamm.“ In diesen Fällen prüft dann das Jugendamt auch, ob diese Verwandten die Vormundschaft für die Jugendlichen übernehmen können. Heidi Kloppert: „Dabei geht es nicht nur um die Unterbringung, sondern auch darum, ob der Vormund das Kind angemessen vertreten kann. Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund und der Vormund muss gucken, welche Hilfe das Kind braucht.“ Auch sei es Aufgabe des Vormundes, die Kinder und Jugendlichen in ausländerrechtlichen Verfahren zu begleiten und herauszufinden, welches das richtige Verfahren im Ausländerwesen ist. Sollte Asyl beantragt werden? Oder ist eine Duldung besser? Eine Abschiebung hingegen müssen diese Jugendlichen kaum fürchten. „In der Regel gibt es ein Abschiebeverbot für UMF“, sagt Heidi Kloppert.
Hoffnung auf neue Heimat
Für die meisten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge übernimmt das Jungendamt die Vormundschaft und beantragt nicht nur die Jugendhilfe, sondern sorgt auch dafür, dass diese Kinder und Jugendlichen sofort Schulunterricht bekommen. „Jeder, der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling kommt, hat die Hoffnung, hierbleiben zu können. Die versuchen wirklich, über die Schule und eine Ausbildung das zu erreichen, weshalb die meisten innerhalb kurzer Zeit erfolgreich Deutsch lernen“, hat Heidi Kloppert erfahren. Und es gibt bereits einige, denen es gelungen ist, sich hier in Duisburg ein neues Leben aufzubauen.