Duisburg. . Wenn ein Kind behindert zur Welt kommt oder ein Mensch durch Krankheit eine Behinderung erleidet, ist der Beratungsbedarf groß. Andreas Herget von der Lebenshilfe ist dann oft der erste Ansprechpartner.

Am Anfang, sagt Andreas Herget, „steht immer eine Diagnose“. Ein Mensch erfährt, dass er nach Krankheit oder Unfall behindert sein wird, ein Arzt erklärt werdenden Eltern, dass sie ein behindertes Kind bekommen. Der Beratungsbedarf ist plötzlich groß – von existenziellen Lebensfragen bis zu vielen Details. „Und da fällt denen meisten zuerst die Lebenshilfe ein“, so der Berater.

Unterstützung für Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen bietet die Lebenshilfe schon seit über 30 Jahren. Doch das Feld wurde mit neuen Sozialgesetzen, Pflegeversicherung, Teilhabeunterstützung, neue Betreuungs-, Entlastungs-, Förder- und Therapiemöglichkeiten immer umfangreicher. 2002 schuf die Lebenshilfe darum zunächst als Projekt und finanziert durch die Aktion Mensch eine feste Stelle. Als die Förderung 2008 auslief, war die Nachfrage so stark gewachsen, dass der Verein entschied, das Angebot auch ohne Refinanzierung aufrecht zu erhalten.

Bisher 900 Familien unterstützt

Seitdem ist Andreas Herget für viele Menschen die erste Anlaufstelle. Viele haben von ihm gehört oder werden geschickt von Ärzten, Schulen oder dem Sozialpädiatrischen Zentrum. In den bisher sechs Jahren hat er über 900 Familien beraten und begleitet oder an andere Fachdienste verwiesen. Zu diesen oft intensiven Gesprächsterminen kommen jährlich rund 600 bis 800 telefonische Beratungen. Damit ist der Dienst der Lebenshilfe ausgelastet: „Das ist die Grenze dessen, was wir bewältigen können.“

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In den Gesprächen geht es meist um Leistungen und Geld: Zahlungen aus der Pflegeversicherung, Unterstützungen für den Alltag von Menschen mit Behinderung, Fahrtkosten zur Schule, der Integrationshelfer dort (Herget: „der i-Helfer ist nicht einkommensabhängig – gottseidank!“). Wichtig ist dem Berater dabei, die Eigenverantwortung der Betroffenen zu stärken: „Ich schaue mir immer die ganze Familie an: Wo stehen sie, welche Themen bewegen sie, was könne sie selbst bewältigen?“ Um dann gezielt zu helfen.

Die Unterstützung ist in mehrfacher Weise hilfreich. Zwar sind alle Fragen gesetzlich geregelt und es gibt durchaus viele Leistungen. Die Erfahrung hat Herget aber auch gelehrt, dass sowohl Betroffene wie auch die Entscheider in Behörden oder Krankenkassen die Regelungen dieses Spezialgebiets nicht oder nur teilweise kennen. Zumal: In der Behindertenhilfe gebe es viele „Kann“-Bestimmungen. Und in den letzten Monaten erfährt Herget verstärkt und bekommt das auch von Berufskollegen bestätigt, dass Anträge vermehrt abgelehnt werden. So seien in Duisburg zum Beispiel Anträge von Eltern behinderter Kinder auf Taxifahrten zu Schule abgelehnt worden, die in diesem Jahr erstmals vom neuen Recht Gebrauch machen wollten, ein behindertes Kind an einer Regelschule anzumelden.

Auch wenn materielle Leistungen häufig Thema sind – vor allem Eltern von behinderten Kindern gehe es nie ums Geld, sondern um die bestmöglichen Hilfen und Angebote für ihre Söhne und Töchter, so Herget. Nicht selten fließen im Beratungsgespräch Tränen: „Weil zum ersten Mal jemand zuhört und sich kümmert . . .“