An den 25. Mai 1965 erinnert sich Harald Molder noch ganz genau. Der Vorsitzende des Vereins Zeitzeugenbörse Duisburg (ZZB) stand damals als Vierjähriger mit einem Union-Jack-Fähnchen am Straßenrand und wartete auf die britische Königin Elizabeth, um ihr gemeinsam mit seinen Altersgenossen vom Kindergarten Am Wiesengrund zuzuwinken. Die Queen war auf dem Weg zu Mannesmann in Huckingen. Ein Bild von ihrer Begegnung mit Vorstandsetage und normalen Mitarbeitern hat es in den neuen Bildband „Duisburger Hüttenwerke“ geschafft. Es ist das achte ZZB-Werk, das vom Sutton Verlag in Erfurt veröffentlicht wurde.
Rund 500 historische Aufnahmen hatten die Vereinsmitglieder bei ihren Recherchen zu diesem neuen Bildband zusammengetragen. Aber nur 160 der teils über 100 Jahre alten Schwarz-Weiß-Fotos, die aus privaten Sammlungen und Fotoalben stammen, schafften es ins Buch. Dieses beschäftigt sich auf 128 Seiten mit jenen Zeiten, als Duisburg den Beinamen „Stadt Montan“ trug und seinen Ruf als bundesweit wichtigster Standort der Stahl- und Metallindustrie begründete. Ob Mannesmann, Krupp, Thyssen, Grillo oder Berzelius: Alle relevanten Werke und Hütten werden in dem Bildband mit einem eigenen Kapitel gewürdigt. Deshalb sagen die ZZB-Mitglieder: „Der Band ist ein Muss für jeden, der sich für Duisburg und seine Geschichte interessiert.“
Die älteste Aufnahme stammt aus dem Jahr 1880 und zeigt das damalige Grillo-Werk. Zu sehen sind aber nicht nur die gigantischen Werksgelände samt Gebäudekomplexen, sondern auch die Menschen, die dort malochten und ihren knallharten Arbeitsalltag zu überstehen hatten. „Wir haben zudem Interviews mit ehemaligen Beschäftigten geführt“, so Molder. Sie erzählten von alten Hochöfen und der größeren Effektivität der neuen Exemplare.
Die Zeitzeugenbörse gibt es seit 2007. Sie hat laut Molder 35 Vereinsmitglieder, rund 100 Zeitzeugen stehen mit ihren Schilderungen und Erfahrungen permanent für Auskünfte, Erzählungen und Rückfragen zur Verfügung. Einmal im Monat findet ein Stammtisch im Café am Waldfriedhof in Wanheimerort statt. Und wer macht dort mit? „Unsere Mitglieder sind zwischen 18 und 80 Jahre alt. Hauptsache, sie sind geschichtsinteressiert“, sagt Molder. Jeder könne seinen Erfahrungsschatz beitragen. Oder wie Molder es sagt: „Irgendwo sind wir ja alle Zeitzeugen.“
Und wie endete nun seine Begegnung mit der Queen? Da lacht Molder. „Die hatte leider zwei Stunden Verspätung. Und beim langen Warten sind wir Kinder fast alle auf der Wiese an unserem Kindergarten eingeschlafen.“