Duisburg. Während für die umstrittene Zeltstadt Fußböden und Heizkörper nachgeordert werden, rückt das leerstehende St.-Barbara-Krankenhaus Neumühl immer mehr in den Blickpunkt der Debatte.

Während für die derzeit noch menschenleere Asyl-Zeltstadt auf dem ausgemusterten Fußballplatz in Walsum kurzfristig wetterfeste Isolier-Fußböden und zusätzliche Heizkörper vom Deutschen Roten Kreuz nachgeordert werden müssen, beginnt in der lokalen Politik eine Debatte über Standort-Alternativen, wie auch über vermeintliches oder tatsächliches Versagen der Sozialverwaltung.

Eine Zeltstadt, so kritisiert CDU-Fraktionschef Rainer Enzweiler, sei „völlig inakzeptabel.“ Es sei ein Witz, dass ein technisches Dezernat einer Großstadt Duisburg nicht in der Lage sei, für 1000 oder 1600 Asylbewerber korrekte Unterkünfte zu schaffen: „Vor Jahren hatten wir über 6000 Asylbewerber in der Stadt, ohne Zeltstadt.“ Doch seien die Zelte im Augenblick alternativlos, die Stadt müsse aber jetzt mit Hochdruck andere Standorte auf Tauglichkeit überprüfen: zum Beispiel ausgemusterte Schulen.

„Die Zelte sind eine absolute Notlage, eine kurzfristige Lösung.“

Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Herbert Mettler: „Die Zelte sind eine absolute Notlage, und zeitlich eine ganz kurzfristige Lösung“, sagt er und nimmt die Verwaltung in Schutz, auf den aktuellen Zufluss der Asylbewerber zu schleppend reagiert zu haben. Auf der Suche nach anderen Standorten, so erklärten gestern beide Politiker unabhängig voneinander auf Nachfrage der NRZ, dürfe es „keine Tabus mehr geben“. Mettler: „Wir haben ohnehin keine große Auswahl mehr.“

Mit dieser Einsicht aber kehren wieder zwei Standorte in die politische Debatte zurück, die bislang in der Politik als Tabu-Standorte galten, aber an die in dieser Woche bereits die Wohlfahrtsverbände noch einmal dringlich erinnert hatten: Das leerstehende Krankenhaus St. Barbara in Neumühl und die leer gezogenen Wohnungen der Hamborner Zinkhüttensiedlung. Leer gezogen, um einem FOC Platz zu machen. Während CDU-Mann Enzweiler, ein glühender Verfechter des geplanten Factory-Outlet-Centers in Hamborn, die Wohnungen als Asylquartier für „nicht sinnvoll“ hielt, hingegen das St.-Barbara-Krankenhaus aber auf Tauglichkeit prüfen möchte, erklärte SPD-Mann Mettler, man müsse alles prüfen, man könne gar nichts ausschließen.

Zinkhüttensiedlung bietet großen Bestand an Wohnungen

Der Sprecher der Fraktion der Grünen, Sait Keles, erklärt dazu: „Die Zeltstadt für Flüchtlinge ist die unglücklichste Lösung, die man hat finden können. Ich will dem Stadtdirektor Spaniel gerne glauben, dass dies eine Notlösung ist. Aber man hat sich vorher scheinbar nicht die Mühe gemacht, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um andere Lösungen zu finden. Für uns Grüne ist das Barbarahospital durchaus eine denkbare Alternative für die Unterbringung von Flüchtlingen. Die Zinkhüttensiedlung bietet einen größeren Bestand an Wohnungen. Da hätte die Stadt längst durchgreifen müssen, um diese für Flüchtlinge nutzen zu können.“

Martina Amman-Hilberath, Fraktionsvorsitzende der Linken: „Bei der Zinkhüttensiedlung oder dem Barbarahospital stellt sich die Frage, ob eine Unterbringung dort überhaupt möglich ist. Das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber wenn man so schnelle Lösungen parat hat, müssen die gut geprüft werden.“

Ein wichtiger Beitrag zur Lösung des Problems 

Zum strittigen Thema „Zeltstadt im Walsum“ und mögliche Alternativen hat sich gestern der Katholikenrat der Stadt zu Wort gemeldet: „Wir sehen hier auch die freie Wohnungswirtschaft in der Verpflichtung, Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“ Ist dies gar ein Appell an Immeo-Immobilien, Eigentümerin der Wohnungen am Zinkhüttenplatz? Aber, auch die katholische Kirche selber, so erklärte gestern der Rat, stehe als Gesprächspartner zur Verfügung, um „politischen Flüchtlingen in ihrer schweren Lebenssituation zu helfen und adäquaten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“

Mit dem seit Monaten leerstehende St.-Barbara-Krankenhaus in Neumühl, das von der Kosmas+Damian-Gesellschaft (Essen) im Auftrag des Ruhrbistums, als der Eigentümerin, verwaltet wird, könnte die Kirche in der Tat einen wichtigen Beitrag zur Lösung des akuten Problemes beitragen. „Wir suchen bekanntlich einen Investor für eine neue Nutzung“, bestätigte gestern KD-Geschäftsführer Prof. Gunther Lauven der NRZ.

Platz für 500 Flüchtlinge

Er erinnerte an die abgebrochenen Gespräche zwischen der Stadt und seinem Haus vom vergangenen Jahr. Damals sei es aber um Abriss und Neubau für Wohnungsbau gegangen. Ob jetzt die Stadt oder sonst wer das ehemalige Krankenhaus als einen möglichen Standort für Asylbewerber in Betracht ziehe, entziehe sich seiner Kenntnis: „Kurzfristig wäre das alte Gebäude aber für keinerlei Nutzung zu gebrauchen.“

Im vergangenen Jahr 2013 hatte sich Stadtdirektor Reinhold Spaniel sehr für das leerstehende Krankenhaus in Neumühl als ein geeigneter Übergangsstandort für 500 asylsuchende Menschen stark gemacht. Doch die SPD, vor allem vor Ort in Neumühl, zog nicht mit. Sie pfiff Sozialdezernent Spaniel wieder zurück. Seitdem war dieser Standort aus der politischen Debatte genommen.

Mittlerweile hat die Stadt Duisburg beim Land eine Bewerbung um eine Zentrale Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW für Asylbewerber eingereicht. Der Vorteil für die Stadt: Das Land übernimmt sämtliche Kosten für Asylbewerber, die der Stadt ohnehin zugewiesen würden. Nach Informationen der NRZ ist dafür der Krankenhaus-Standort in Neumühl im Gespräch.