Duisburg. . Am Oberverwaltungsgericht in Münster schlägt am 28. August die möglicherweise entscheidende Stunde für eines der umstrittensten Industrieprojekte im Lande. Verhandelt wird über die Klage von privaten Grundbesitzern gegen die Enteignung ihrer Flächen für den Bau der CO-Pipeline des Bayer-Konzerns.

Im größten Saal des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) schlägt am nächsten Donnerstag, 28. August, die möglicherweise entscheidende Stunde für eines der umstrittensten Industrieprojekte im Lande. Schon unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung (ab 10 Uhr) über die Klage von privaten Grundbesitzern gegen die Enteignung ihrer Flächen für den Bau der CO-Pipeline des Bayer-Konzerns wird der 20. OVG-Senat seine Entscheidung zur Giftgas-Leitung zwischen den Werken Uerdingen und Dormagen verkünden.

„Die Leute vertrauen offenbar fest auf unseren Erfolg“, vermuten Erich Hennen (Duisburg) und Dieter Donner (Hilden) mit Blick auf die jüngsten Neubauten im Angerbogen: „Ihre Häuser stehen fast auf der Leitung.“ Für die beiden Sprecher der Bürgerinitiativen COntra-Pipeline aus den zehn Anrainerstädten der 62 Kilometer langen Trasse ist klar: „Mit seinem Enteignungsgesetz von 2006 hat der Landtag die Bevölkerung zum Abschuss freigegeben, mit ihrem Planfeststellungsbeschluss hat die Bezirksregierung Düsseldorf dem Bayer-Konzern die Lizenz zum Töten ausgestellt.“

"Es ist der längste Gasometer der Welt"

Die Hoffnung der Pipeline-Gegner ruhen auf dem OVG: Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf schon 2009 den Antrag auf vorzeitige Inbetriebnahme der Leitung abgelehnt und die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses festgestellt hatte, könnten die Münsteraner Richter den Forderungen der Kläger nachkommen, die Baugenehmigung aufzuheben. Bei der Wahl der Trasse, die auch im Duisburger Süden quer durch Wohngebiete führt, seien schwerwiegende Fehler gemacht worden, betont auch die BI. „Schon im Raumordnungsverfahren gab es zahlreiche Einwendungen“, so Dieter Donner.

Beobachter des Verfahrens erwarten auch, dass sich das OVG zur Frage des Gemeinwohls äußern wird. Das war dem Projekt mit dem Landtagsgesetz 2006 bescheinigt worden, das Grundlage für die Planung ist. „Bayer konnte das Gemeinwohl bisher nicht belegen, das Gesetz ist verfassungswidrig“, betont Erich Hennen. Bei der Pipeline gehe es nicht um Transport von CO, sondern vielmehr um dessen Speicherung: „Es ist der längste Gasometer der Welt.“

"Ein Risiko, das es nicht geben darf"

Auf eine ihrer Ansicht nach „tödliche Detektions- und Alarmierungslücke“ weisen die Bürgerinitiativen außerdem hin. Ein nur vier Millimeter großes Leck in der Leitung werde trotz der Überwachung durch sogenannte „Schnüffelschläuche“ und ein Massebilanz-Verfahren erst nach 32 Stunden erkannt, rechnet Dieter Donner. In dieser Zeit könnten rund 2500 Kubikmeter des schon in geringer Menge tödlichen Gases unbemerkt austreten und sich bodennah ausbreiten. „Ein Risiko, das es nicht geben darf. Das ist juristisch relevant“, so Donner. „Wer will eine solche, von Menschen gemachte Katastrophe verantworten?“