17 Grad und wenig Sonne, da ließ sich gestern eigentlich nicht von einer „Sommerreise“ sprechen: Eine solche unternimmt derzeit Bundesministerin Barbara Hendricks, tingelt durch Städte im Ruhrgebiet und über die Dörfer am Niederrhein. Logisch, dass Duisburg als Schnittstelle beider Region eine der Stationen ist. Thematisch lässt sich die ministeriale Tour allerdings schwer fassen, sie bewegt sich zwischen Mist, Abwasser, Neubau- und Elendsvierteln.
Hendricks, die in der Regierung für Umwelt, Bauen und Reaktorsicherheit verantwortlich ist, hatte sich zuvor Milchkühe in einem Versuchsstall in Kleve, den Schnellen Brüter in Kalkar und eine Kläranlage in Isselburg angesehen. Nach der Eröffnung eines Plusenergiehauses in der „Innovation City“ Bottrop stand für sie neben Fahrradfahren im Landschaftspark noch ein Besuch in Hochfeld auf dem Programm. Und dabei ging es endlich wieder ums Wesentliche, nämlich ums Geld.
Mehr davon brauche man und man müsse es auch flexibler einsetzen können, verdeutlichte Elisabeth Pater, Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums: „Wir müssen unsere Aktivitäten auf die Förderprogramme abstimmen. Sinnvoller wäre es, wenn wir Geld bekommen, um die Probleme zu lösen“, sagte Pater beim Rundgang mit der Ministerin durch Hochfeld. „Gewaltig“ seien die Herausforderungen in dem früher durch die Industrie geprägten Arbeiterstadtteil, der sich langsam berappelt habe, aber durch die Zuwanderung wieder in Schieflage gerät. Die Hälfte der Einwohner sind Ausländer, 70 Prozent haben einen Migrationshintergrund.
Längst sei die „Stimmung gekippt“, sagt Günter Braun von der Entwicklungsgesellschaft. Früher lebten hier 30.000 Menschen, heute sind es 18.000, 2500 davon Bulgaren und Rumänen, angelockt vom breiten Angebot leerer, heruntergekommener, aber eben auch verfügbarer Wohnungen. Die städtebaulichen Maßnahmen, wie der Grüne Ring oder der Rheinpark, seien bis auf den Umbau der Wanheimer Straße abgeschlossen. „Wir brauchen massiv und schnell Unterstützung“ , sagt Braun.
Der Ruf nach mehr Geld aus Duisburg drang der Ministerin gewiss eindringlicher ins Ohr als das Blöken der Rinder aus dem Klever Stall am Tag zuvor. Doch die Probleme sind Hendricks nicht unbekannt. Zum einen kennt die SPD-Politikerin aus Kleve die Region, zum anderen hat sie Städte mit ähnlichen Problemen besucht. „Qualitativ schlechter Leerstand ist die Voraussetzung für ein solches Phänomen, hinzu kommen kriminelle Strukturen im Hintergrund wie Schlepperbanden “, sagt Hendricks. Eines aber konnte sie gestern eben nicht auf den Tisch legen: mehr Geld.
Dabei hätte das Timing nicht besser sein können. Denn eigentlich wollte das Bundeskabinett am Tag zuvor ein Maßnahmenpaket für Kommunen beschließen, die besonders von der Zuwanderung betroffen sind. Doch am Ende wurde der Beschluss vertagt. Offenbar gibt es einen Disput, wie viele Städte den Kuchen unter sich aufteilen können.
Laut der Duisburger SPD-Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas will die Koalition noch in diesem Jahr für betroffene Städte eine Soforthilfe von 25 Millionen Euro bereit stellen. In den kommenden Jahren soll die Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes jährlich eine weitere Entlastung um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag bringen. Krankenkassen sollen für die Impfung und Vorsorge von Kindern weitere 10 Mio Euro bereitstellen, für zusätzliche Integrationskurse sieht der Bund noch einmal 40 Mio Euro vor.
Was bleibt für Duisburg?
Insgesamt sind das rund 100 Millionen Euro an Hilfen für die Integration der Zuwanderer. Schon im Frühjahr waren rund 215 Millionen Euro aus dem Städtebauprogramm Soziale Stadt und aus EU-Fonds in Aussicht gestellt worden. Die Gretchenfrage vor Ort aber bleibt: Was erhält davon am Ende die Stadt Duisburg? Die Antwort kann derzeit niemand geben. Baudezernent Carsten Tum: „Bei diesen Herausforderungen können die Mittel nicht genug sein.“