Duisburg. Das Rote Kreuz baut das umstrittene Asyl-Zeltlager in Duisburg-Walsum auf. Acht Flüchtlinge müssen sich eine Unterkunft mit Feldbetten und Klappstühlen teilen. Sie kommen nächste Woche. Duisburgs Sozialdezernent verteidigt die Unterbringung als „letzte Notlösung“. Walsumer wollen vor Ort helfen.

Dicht gedrängt stehen die 24 weißen DRK-Zelte auf dem roten Ascheplatz an der Walsumer Römerstraße. Hier sollen nächste Woche Flüchtlinge aus Afghanistan und Tschetschenien leben, zu acht auf 30 Quadratmetern unter Planen. Mobiliar: acht Feldbetten, zwei Biertische, acht hölzerne Klappstühle. Immerhin: Ein Plastikboden wird noch verlegt, es gibt Sanitätswagen statt Dixi-Klos. „Wie ein Flüchtlingslager in Krisengebieten“ geißelten allerdings die Bündnisgrünen die Notunterbringung.

Doch Sozialdezernent Reinhold Spaniel wird nicht müde, die Notlage zu erklären, in der sich Duisburg befindet. 1600 Asylbewerber leben schon in der Stadt; 130, 140 Flüchtlinge werden es jetzt jeden Monat. Das vom DRK betriebene Zeltlager gilt der Stadt als letzte, letzte Not-Not-Lösung. Nur für maximal acht Wochen soll das Zeltdorf stehen, bis andere Notunterkünfte vor dem Winter gefunden sind.

"Die Menschen sind traumatisiert und müssen betreut werden"

Rundgang durchs Asyl-Zeltdorf

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    „Jetzt kommen die Schlaumeier, die alles besser gewusst haben. Ich mache das seit 20 Jahren, und so dramatisch war die Lage noch nie“, ereifert sich Spaniel angesichts politischer Schelte („blamabel“, „beschämend“, „unakzeptabel“) und kritischer Fragen der zahlreich vorgefahrenen Medien und beschreibt die erfolglose Suche nach Unterkünften. Brandschutzbegehungen, Lärmgutachten, Umweltverträglichkeitsprüfungen, monatelange Baugenehmigungsverfahren machten es schwierig bis unmöglich, bestehende Gebäude wie etwa leer stehende Schulen kurzfristig als Asyl-Unterkünfte zu nutzen. Dass es auch politische Widerstände und Ärger aus der Bürgerschaft gibt, sagt Spaniel nicht.

    Warnschuss ging nach hinten los

    Sozialdezernent Spaniel ist eigentlich zu erfahren und zu ehrgeizig, um sich öffentlich für leichtfertige Fehler abwatschen zu lassen. Er wird sich das Zelt-Flüchtlingslager, das sich kaum von solchen in Syrien, im Sudan oder in anderen Krisenherden der Welt unterscheidet, als Notlösung wohl überlegt haben.

    Und ja, Duisburg ist belasteter als viele andere Städte. Es hat kein Geld, dafür aber 10 000 Armutszuwanderer aus Südost-Europa. Andere Städte sind aber auch gebeutelt. Doch ein Zeltdorf steht nur in Duisburg. Der Preis dafür ist zu hoch. Gerade mal acht Wochen steht das Zeltdorf, die Bilder davon belasten Duisburg aber viel länger. Wieder Negativ-Schlagzeilen.

    Acht Wochen, die Duisburgs Verwaltung wirklich nicht besser hätte überbrücken können? Die Krisen-Notunterkunft mag zwar auch als Spaniels Hilferuf oder Warnschuss gedacht sein an Bund und Land, aber auch an widerspenstige Politik vor Ort und allzu bürokratische Rathaus-Bürokratie. Doch dieser Schuss ging nach hinten los.

    Dazu: Die 10.000 Armutszuwanderer aus Südosteuropa belegen möglichen anderen Wohnraum und Unterbringungskapazitäten. Nein, dezentral in Wohnungen lassen sich die Flüchtlinge nicht unterbringen, erklärt Spaniel: „Damit wären sie überfordert. Die Menschen sind traumatisiert und müssen betreut werden.“ Das sei auf Wohnungen verteilt nicht möglich.

    Zelt-Flüchtlinge werden vom DRK betreut

    Anwohnerstimmen zum Flüchtlingscamp

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      „Ohne Tabus“ will Spaniel weiter nach Bleiben suchen. Bisher fielen von 30 geprüften Standorten 29 durch, der eine war die Grundschule Werthauser Straße in Rheinhausen. Dort sind die ersten syrischen Familien eingezogen – in eine Turnhalle. Auch das leer stehende St. Barbara-Krankenhaus, u.a. vom Kolpingbezirk vorgeschlagen, hatte Spaniel mal im Blick. Doch in Neumühl brandete damals nicht nur rechtspopulistischer, sondern auch bürgerlich-politischer Widerstand auf. Ob sich nach dem Zeltdorf-Warnschuss der Wind dreht? Über den Zelten standen nachmittags dunkle Wolken. „Wir werden uns um die Menschen kümmern“, kündigte Pfarrer Heiko Dringenberg Walsumer Nachbarschaftshilfe an.

      Die rund 150 Zelt-Flüchtlinge werden vom DRK betreut, mit bis zu 20 hauptberuflichen und ehrenamtlichen Kräften. Täglich von 6 bis 21 Uhr. Es wird Kinderbetreuung geben, Sportangebote, niedrigschwellige Sprachkurse, kündigte Projektleiterin Tanja Schott an. Es soll „tagesstrukturierende Maßnahmen“ geben. Dazu gehört auch die dreimal am Tag gelieferte Verpflegung durch das Catering des multikulturellen Seniorenzentrums des DRK aus Homberg. Es wird auch muslimische Küche geben. Hilfe versprechen auch die Walsumer Kirchengemeinden und die muslimische Gemeinde. Laut Pfarrer Dringenberg stapeln sich Spenden, Kleidung Spielsachen; die Schulen wurden schon angesprochen; Dolmetscher stehen parat. Aufwiegler von Rechts, so der Pfarrer, „werden wir Walsumer nicht dulden.“