StadtentwicklungsdezernentCarsten Tumund „Duisburg 2027“-MannArne Lorzsind Stadtgestalter qua Amt. In einer neuen Serie stellen wir Ihnen engagierte Gruppe und Personen vor, die die Stadt gestalten. Ein Gespräch über Stadtentwicklung für die Stadtteile und die gesamte City.
Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum und „Duisburg 2027“-Mann Arne Lorz sind Stadtgestalter qua Amt. Tum zog vor 25 Jahren der Liebe wegen nach Duisburg, ist im Röttgersbach verwurzelt, Arne Lorz lockte der Job in die Stadt – und mochte kaum glauben, wie idyllisch die Stadt ist, bis er die Sechs-Seen-Platte sah. Beide mögen die Eigenheiten und dass Duisburg am Wasser liegt. Im Herbst sollen den Politikern Ergebnisse der Gesprächsrunden zu „Duisburg 2027“ vorgestellt werden. WAZ-Redakteurin Fabienne Piepiora sprach mit ihnen über Stadtentwicklung für die Stadtteile und die gesamte City.
Herr Tum, ist Duisburg eine Großstadt oder eine große Stadt?
Tum: Duisburg ist eine Großstadt, aber die Stadtteile mit ihren Eigenheiten spielen eine wichtige Rolle. Das geht noch auf die Zeit der Eingemeindung zurück und trägt sehr zur Identifikation bei. Diese Potenziale müssen wir noch intensiver heben.
Herr Lorz, Sie haben in vielen Veranstaltungen mit Bürgern debattiert, wie sich die Stadt entwickeln soll. Gibt es ein Motto oder einen Slogan, den sich Duisburg langfristig auf die Fahne geschrieben hat?
Lorz: Es gibt keinen speziellen Titel. Wir haben verschiedene Zukunftsvisionen entwickelt. Ein Thema ist, dass wir die Stadt mehr zum Wasser hin entwickeln wollen. Wasser macht die Stadt aus. Stadtplanung ist aber immer ein Abwägungsprozess. Die Überlegungen fließen in einen neuen Flächennutzungsplan ein, in dem wir beispielsweise 300 Hektar für Wohnen und weitere Hektar für die Wirtschaft zur Verfügung stellen wollen.
Tum: Wenn wir neue Flächen ausweisen, überlegen wir aber auch immer, wo wir Flächen nachverdichten können. Wir sind spitze im Flächenrecycling.
Wie bleibt oder wird Duisburg attraktiv für seine Bürger – und wie wollen Sie neue Einwohner locken?
Tum: Im Süden wird Wohnen eine besondere Rolle spielen. Düsseldorf kann seinen Bedarf nicht alleine decken und wir hoffen, dass wir den Familien, die in der Nachbarstadt nichts finden, ein Angebot machen können. Allerdings kann jede Fläche nur einmal verwendet werden und viele sind auch wegen der schönen grünen Lage in den Süden gezogen. Wir wollen allerdings nicht nur Ein-Familien-Häuser bauen, sondern in allen Segmenten neuen Wohnraum schaffen. Wir haben viel Leerstand und dreiviertel unserer Häuser sind vor 1969 entstanden. Außerdem müssen wir uns um seniorengerechtes und barrierefreies Wohnen kümmern, damit die Duisburger in ihren Stadtteilen wohnen bleiben können. Die Hamborner Wohnungsgenossenschaft zum Beispiel hat dazu in Röttgersbach ein schönes Projekt auf den Weg gebracht, bei dem 70 neue Wohneinheiten genau diesen Bedarf bedienen.
Neue Feuerwache in der Stadtmitte, Outletcenter im Duisburger Norden - sobald die Stadt ein Großprojekt anschiebt, regt sich Kritik von Nachbarn und anderen Anliegern. Wird Stadtplanung immer schwieriger?
Tum: Es ist das demokratische Recht, dass jeder Anwohner und Bürger seine Wünsche und Bedenken äußern kann. Es ist legitim, Kritik anzubringen. Aufgabe von Politik und Stadt ist es allerdings, die privaten Interessen gegen öffentliche abzuwägen. Das ist aber geübte Praxis.
Lorz: Bei der Bahnhofsplatte gab es ein vorbildliches Bürgerbeteiligungsverfahren. Aber so etwas ist nicht bei jedem Projekt möglich. Das ist auch mit einem hohen personellen Aufwand verbunden gewesen. Aber auch bei kleineren Maßnahmen gibt es Bürgerbeteiligungen, die gut angenommen werden.
Aber auch nach dem Charrette-Verfahren gab’s von Bürgerseite Ärger, weil für die Gestaltung der Bahnhofsplatte Platanen gefällt werden sollten – und über den Bürokomplex nicht diskutiert werden konnte.
Tum: Zum damaligen Zeitpunkt war es die Maßgabe, dass der betreffende Bereich am Hauptbahnhof durch ein Bürogebäude bebaut wird, für das es bereits einen Investor gab. Das war auch schon im Masterplan von Sir Norman Fosterso vorgesehen. Nachdem sich der bisherige Investor zurückgezogen hat, können wir hier neu planen und suchen zugleich einen neuen Investor.
Verzögerung am Stadtfenster, Eurogate-Brache und Stillstand an der Neuen Freiheit – hat Duisburg derzeit kein glückliches Händchen mit seinen Investoren?
Tum: Bei den einzelnen Projekten kommen mehrere Punkte zusammen, für die die Stadt zum Teil nichts kann. Dass Krieger mit seinem Möbelhaus nicht weiterkommt, liegt an den Genehmigungen der Bezirksregierung und nicht an der Stadt. Unsere Mitarbeiter haben lange im Vorfeld alles möglich gemacht, damit der Investor sich dort ansiedeln kann. Das hat gut geklappt. Auch im Innenhafen tut sich was. Für das Eurogate suchen wir aktuell einen neuen Investor. Wir sind zuversichtlich, einen Interessenten zu finden.
Lorz: Es ist ja nicht so, als habe sich in den vergangenen Jahren im Innenhafen gar nichts getan. Man darf nichts vergessen – Duisburg ist eine Stadt im Strukturwandel. Vor 15 Jahren gab es in Duisburg noch keinen Büromarkt – den haben wir mit der Zeit entwickelt. Inzwischen sind die Büros dort fast alle voll. Da kann sich Duisburg durchaus mit Essen messen.
Vor einigen Monaten noch wollten sich Teile des Westens von Duisburg lösen. Wirken eigentlich in Duisburg genügend weitsichtige Politiker an der Spitze, die die Stadt verdient?
Lorz: Politik ist sicher auch immer Alltagsgeschäft. Wir machen die strategische Planung für das Jahr 2027 auch deshalb, damit wir die langfristigen Ziele nicht aus dem Auge verlieren. Das läuft im Hintergrund mit.
Tum: Die Stadtteile spielen, wie gesagt, eine wichtige Rolle – die müssen wir stärken. Die Abspaltungs-Idee vor der Kommunalwahl war allerdings Humbug.