Duisburg. . Im Kino gerät Technik machmal außer Kontrolle und bedroht die Menschheit. Die Angst sitzt wohl tief vor der Machtübernahme durch intelligente Technik. In unserer Serie „Junge Forscher“ stellen wir heute Melike Şahinol vor, die in Duisburg die Beziehung zwischen Mensch und Technik soziologisch untersucht.

Im Kino ist erst kürzlich der vierte Teil von Michael Bays „Transformers“ angelaufen. Gewohnt brachial beschreibt die Filmreihe die Macht von Technik. Auf unserem Planeten liefern sich Roboter einen epischen Kampf. Auf der einen Seite High-Tech, die die Menschheit beschützen will, auf der anderen solche, die uns vernichten möchte. Auf jeden Fall eine bedrohliche Vorstellung von technisiertem Krieg, die da alle paar Jahre die Massen in die Kinos der Welt lockt.

Melike Şahinol will mit ihrer Forschung an der Universität Duisburg-Essen diesem Bild der gewalttätigen Technik entgegenwirken. Şahinol ist Technik-Soziologin. Will man ihr Wirken verkürzt darstellen, dann könnte man sagen, dass sie sich anschaut, wie Technik das Leben der Menschen verändert. „Durch unsere Forschung bieten wir den Naturwissenschaften eine Reflexion“, sagt Şahinol. So saß sie einmal über acht Stunden neben einer Patientin, die sich nur noch über Bewegungen ihrer Innenhand mitteilen konnte. Damit bediente sie einen Computer, der übersetzte, was sie sagen wollte. „So verändert sich natürlich Kommunikation. In den acht Stunden konnte ich vier Fragen stellen“, erklärt Şahinol.

Dunkle Zukunft mit Maschinen?

In ihrer Dissertation, die Ende des Jahres fertiggestellt sein soll, will sie die Beziehung zwischen Mensch und Maschine aufbereiten. „Als ich vor Jahren in die Forschung einstieg, wurde die Zukunft mit Maschinen schwarz gemalt. Viele Forscher haben befürchtet, die Technik könnte überhand nehmen und uns Menschen beherrschen“, sagt sie. Dieses Bild ist ihr allerdings zu einseitig: „Wir Technik-Soziologen versuchen, die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine zu finden.“ Das gilt nicht nur für Lähmungserscheinungen, sondern auch für Parkinson-Symptome. Neuroimplantate können inzwischen das typische Zittern unterdrücken. Die Soziologen sind sich sicher: Dafür ist eine „Mensch-Maschine-Verbindung“ erforderlich, die den Heilungsverlauf beeinflussen kann. „Wir sind eine der sogenannten „Soft-Sciences“, wir beschreiben, was wir sehen und geben dann Rückmeldungen“, erklärt Şahinol. Deshalb wird ihr Fachbereich auch häufig verkannt. In Deutschland gibt es nur in Berlin einen entsprechenden Lehrstuhl - eine Bildungsmarktlücke. Die Wissenschaftlerin will dafür sorgen, dass Forschungsgelder eines Tages nicht mehr nur an die Ingenieure gehen, sondern auch an die, die den Entwicklungsprozess auf die menschliche Komponente hin untersuchen.

In der Hauptstadt befindet sich auch das Büro für Technikfolgenabschätzung. Dort sitzen Soziologen, die technische Entwicklungen begleiten und unter dem sozialen Blickwinkel betrachten. Da zu arbeiten kann sich Şahinol gut vorstellen, denn „Technik fällt schließlich nicht einfach vom Himmel.“ Im Gegensatz zu den Transformers.