Klaus Jensen, der Oberbürgermeister von Trier, ist ein „Duisburger Jung“, der regelmäßig in Meiderich seine Familie besucht. Die NRZ plauderte mit ihm.
Sein Name ist Klaus Jensen, er ist seit sieben Jahren der Oberbügermeister von Trier. Und er ist mit der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Maria Luise („Malu“) Dreyer verheiratet. Geboren wurde Jensen vor 62 Jahren in Duisburg-Meiderich, Schule, Ausbildung, Zivildienst hat er in Duisburg absolviert. Die NRZ sprach mit ihm über seine alte und neue Heimat - und darüber, was die große „Stahlstadt“ von der „Ältesten Stadt Deutschlands“ möglicherweise abkupfern kann
NRZ: Sie wurden am 14. Januar 1952 in Duisburg geboren. Heute sind Sie der OB von Trier. Welche wichtigen Lebensstationen lagen dazwischen?
Jensen: .Nach dem Besuch der Freiherr-vom-Stein Realschule absolvierte ich eine kaufmännische Lehre bei der Carl Spaeter GmbH am König Heinrich Platz. Es folge mein Zivildienst bei der Arbeiterwohlfahrt in den sogenannten sozialen Brennpunkten Scheperskamp und Gleisdreieck. Nach dem Studium der Sozialarbeit mit dem Schwerpunkt Sozialplanung an der Fachhochschule Düsseldorf begann ich meine Berufstätigkeit als Sozialplaner bei der Stadt Trier. Bei der von mir initiierten Arbeitsgemeinschaft Trier war ich mehrere Jahre als Geschäftsführer in der Friedensarbeit tätig. Mitte der 80er Jahre gründete ich mit Peter Kappenstein das Büro für Sozialplanung mit mehreren Filialen in Trier, Mainz, Chemnitz und Erfurt. 1994 wurde ich zum Staatssekretär für Arbeit, Soziales und Gesundheit in Mainz ernannt. Bedingt durch die Krebserkrankung meiner ersten Frau endete 1999 meine Staatssekretärstätigkeit. Neben der Familienarbeit für meine kranke Frau und meine drei Kinder habe ich mich als Unternehmensberater im Sozial- und Gesundheitsbereich betätigt. 2004 gründete ich die Klaus-Jensen-Stiftung für Gewaltprävention und Versöhnung. Seit 2007 bin ich Oberbürgermeister der Stadt Trier.
Haben Sie noch einen persönlichen Kontakt nach Duisburg?
Da meine Mutter (91 Jahre) und zwei meiner Schwestern in Duisburg leben unterhalte ich noch regelmäßige Kontakte nach Duisburg.
Gibt es für Sie einen Ort in Duisburg, den Sie als Ihren „Lieblingsort“ bezeichnen würden?
Mein Lieblingsort in Duisburg ist das Wedau Stadion. Seit Gründung der Bundesliga 1963 bin und bleibe ich MSV-Fan und hoffe inständig darauf, dass der MSV wieder eines Tages in die Bundesliga zurückkehrt.
Wie nehmen Sie als „Duisburger Jung“ ihre Heimatstadt von außen betrachtet und auch aus der zeitlichen Distanz wahr?
Trotz aller schwierigen Problemlagen, denen sich die Stadt Duisburg gegenüber sieht, und das negative Image bei vielen in der Republik, ist und bleibt Duisburg für mich eine attraktive lebens- und liebenswerte Großstadt. Die „Love Parade“-Katastrophe war natürlich in erster Linie ein schwerer Schicksalstag für die Opfer und ihre Angehörigen. Die Art und Weise wie, mit dieser Katastrophe im Anschluss umgegangen wurde, aber hat mich wütend und traurig zu gleich gemacht. Das haben die Menschen in Duisburg nicht verdient! Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Duisburg haben in einem demokratischen Befreiungsakt durch ihr Bürgerbegehren und die OB-Abwahl deutlich gemacht, dass sie alles tun wollen, um den Ruf der Stadt wieder herzustellen. Duisburg braucht mehr finanzielle Unterstützung vom Land Nordrhein-Westfalen sowie vom Bund. Es gilt, die vielen positiven Aspekte, die Duisburg ohne Zweifel aufzuweisen hat, immer wieder öffentlich heraus zu arbeiten.
Nach dem vollständigen Rückzug der französischen Streitkräfte aus Trier und Umgebung steckt die Stadt Trier auf eine andere Art und Weise als Duisburg in einem Strukturwandel und in einer besonderen Stadtentwicklung. (Konversion). Wie gelingt es der Stadt Trier ihre Stadt für die Einwohner wie für die vielen Touristen attraktiv weiter zu entwickeln? Gäbe es aus dieser Erfahrung einen Tipp nach Duisburg?
Die Stadt Trier hat die große Herausforderung der Konversion, d.h., der Umwandlung von 100en Hektar Militärgelände (sieben Kasernen) für zivile Zwecke seit 20 Jahren auf hervorragende Art und Weise bewältigt. Neue Wohngebiete und Gewerbeflächen haben die Stadt nach vorne gebracht und die Ängste, die mit dem Abzug von weit über 10.000 Soldaten und ihren Angehörigen verbunden waren, vergessen lassen. Heute stellt die Stadt Trier eine gelungene Mischung von bewusstem Umgang mit der 2030jährigen Geschichte und der erforderlichen Modernität einer zukunftsorientierten Stadt dar. Ratschläge aus rund 250 Kilometer Entfernung verbieten sich meines Erachtens. Sollte es den Wunsch geben, Erfahrungen in solchen Prozessen auszutauschen, stehe ich natürlich meiner Heimatstadt jederzeit zur Verfügung.
Trier und Duisburg sind beides Städte mit Hochschulen am Ort. Welche Anstrengungen macht die Stadt Trier, um mit der Hochschule, den Studenten und dem Hochschulpersonal in einen engen regen Austausch zu gelangen? Gäbe es aus dieser Erfahrung auch hier einen Tipp nach Duisburg?
Mit der Universität Trier und der Hochschule Trier, die 20.000 Studierenden einen Studienplatz bieten, haben wir eine enge Zusammenarbeit auf der Grundlage auch von Kooperationsvereinbarungen entwickelt. Die Zusammenarbeit erstreckt sich über viele kommunalpolitische Felder. Die im Einzelnen hier alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Wichtig ist, dass die Zusammenarbeit institutionalisiert wird. So haben wir regelmäßige Treffen des Stadtvorstandes mit den Präsidien der Hochschulen und der Studentenvertretungen.
Trier steht als „älteste Stadt Deutschlands“ mit den vielen Zeugnissen römischen Lebens in einer außerordentlich spannungsreichen Wechselwirkung von Historie und Gegenwart. Aber auch Duisburg hat mit der Königspfalz als namensgebende Burganlage der Stadt und mit anderen archäologischen Zeugnissen interessante Wurzeln ins Altertum und Mittelalter. Wie kam man mit dem historischen Erbe seiner Stadt erfolgreich Profil und Profit verschaffen?
Die Geschichte einer Stadt und das gilt auch für Duisburg, ist immer ein unverzichtbarer Teil ihrer Identität als Gemeinwesen und der darin lebenden Menschen. Auf dieser Grundlage gilt es, an die Vergangenheit zu erinnern, sie zu zeigen, mit ihr zu werben, aber auch deutlich zu machen, dass z.B. Trier nicht „nur“ die Römerstadt ist und Duisburg nicht „nur“ die Stahlstadt, sondern die Stadt von Mercator,Lehmbruck, Toni Turek, auch Stadt innovativer Unternehmen, der wichtigen Großindustrie, der wunderbaren Wälder und vieles andere mehr ist. Duisburg ist eine besondere Stadt der Kultur. Dies sollten alle Menschen im In- und Ausland wissen.
Auch wenn es manchen als absurd erscheint: Duisburg hat allen Widersprüchlichkeiten zum Trotz - oder gerade deshalb - soviel zu bieten, dass es auch wie Trier, eine Touristenstadt sein kann. Durch die unterschiedlichsten Stärken der Stadt kann Duisburg für mehr Besucher attraktiv werden. Das Interesse vieler Menschen geht weit über das für Schlösser, Burgen, Altertümer hinaus. Duisburg hat was und sollte es selbstbewusst hinaustragen.