Der rote Teppich vor dem Eingang des Museums reicht fast bis vor die Bodenplatte mit dem Lehmbruck-Zitat „Alle Kunst ist Maß“. Auf den Rasenflächen des Kant-Parks liegen noch viele abgerissene Äste vom letzten Sturm. Drinnen, in der „Vitrine“ der großen Glashalle umschlingt sich ein Paar in der intensiven Performance „Kiss“ von Tino Sehgal in immer neuen Positionen. Draußen sitzt ein älterer Herr mit Dackel auf der Parkbank. „Die haben vielleicht Kondition“, sagt er fasziniert, „ich sitze hier schon ziemlich lange und genieße das Schauspiel“. Die Radler im Park machen gerne einen Abstecher: „Einmal mit dem Mountain-Bike über den roten Teppich.“

Piratenklappe hilft

Im Rahmen des Jubiläumsprogramms zum 50. hat Barbara Koxholt auf dem Skulpturenhof einen Zeichen-Stand aufgebaut. Sie drückt gerade ein Auge zu. Nicht selbst, sondern bei den Besuchern, die zeichnen wollen. Felix (12) hält sich für total unbegabt. „Da braucht man nix für können, ich kenne ein paar Tricks“, sagt die Künstlerin aufmunternd. Kleine mit Folie bespannte Bildsucher mit Zentrierkreuz und dezenten Markierungen auf dem Papier helfen den Anfängern, ihr Motiv ins Bild zu setzen. Und ein zugekniffenes Auge eben. Wer das nicht durchhalten kann, kriegt eine Piratenklappe verpasst. Felix zeichnet eine Skulptur und ist recht zufrieden mit sich, obwohl ihm immer wieder Besucher „vor die Linse gelaufen“ sind. „Prima“, lobt die Künstlerin, „jetzt verwischt du mit dem Knetradiergummi noch den Hintergrund, denn alles was unscharf ist, tritt zurück, dann kommt die Skulptur schön nach vorne.“ Sein Werk kommt zu den vielen anderen Zeichnungen an die Außenwand des Museums.

Gegenüber wanken die Werke von Armin Schmidt an biegsamen Stangen. Seine Aktbilder in Tusche auf gelblichem Bambuspapier haben eine gezeichnete Seite und eine erschienene. Das liegt am besonderen Papier, durch das die Tusche ungleichmäßig durchschlägt. Schmidt entdeckte das dicke, durchscheinende, wolkige Papier in Taiwan, wo es normalerweise als „Tempelgeld“ verwendet wird. Um ungeschnittene Bögen davon zu bekommen, musste in der Papierfabrik eigens die Produktion angehalten werden. Der frische Wind im Innenhof bringt abwechselnd Akt und Abdruck zum Tanzen. Kleinsten basteln inzwischen mit Katharina Nitz magische Schneekugeln. Jonah findet, dass er mit vier Jahren zu klein ist, um alles selbst auszuschneiden. Aber er alt genug, um seiner Oma zu sagen, wie er es denn gerne hätte.

Im Graben des Skulpturenhofs zeigen Künstler Bilder von Knienden. Ein zielender Soldat, ein demütiger Kanzler, eine Verurteilter, ein jubelnder Fußballer, ein andächtiger Engel – Verbeugungen vor Lehmbruck.