Duisburg. In einer neuen Studie über die Häufigkeit von Lungenkrebs ist Duisburg bundesweit auf Platz 8: Mehr als 300 Duisburger erkranken jährlich daran. Im Interview erklärt Dr. Clemens Maurer vom Bethesda-Krankenhaus in Duisburg Hochfeld: „Ohne Raucher wäre ich fast arbeitslos.“
„Ohne Raucher wäre ich fast arbeitslos“, sagt Dr. Clemens Maurer, und es klingt wie ein frommer Wunsch. Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde des Bethesda-Krankenhauses in Duisburg-Hochfeld sieht jedes Jahr bis zu 300 neu diagnostizierte Fälle von Lungenkrebs. Rund 90 Prozent seiner Patienten sind Raucher.
In der aktuellen Studie „Lungenkrebs-Report Deutschland“ der Evangelischen Lungenklinik Berlin kommt das ganze Ruhrgebiet schlecht weg. Gelsenkirchen ist bundesweiter Spitzenreiter mit 104 neuerkrankten Männern auf 100.000 Einwohner. Duisburg folgt auf Platz 8 mit 85 Neuerkrankungen bei den Männern, Frauen sind mit 42 neuen Patienten auf Platz 11.
Fehlende Früherkennung stellt Problem dar
Das tragische am Lungenkrebs ist, dass er lange nicht bemerkt wird, weil er wächst, aber nicht weh tut, sagt Maurer. Ein Husten kann ja auch andere Gründe haben, und wenn jemand Schmerzen bekommt oder Blut hustet, sei es oft zu spät: „60 bis 75 Prozent der Patienten sterben, maximal ein Drittel überlebt langfristig“, sagt Maurer.
Ein Problem ist die fehlende Früherkennung, die etwa bei Darm- oder Brustkrebs hilft, die Sterberate zu senken. Inzwischen gebe es Hunde, die Lungenkrebs riechen können, auch „elektrische Nasen“ würden derzeit entwickelt. Bis zur Marktreife würden aber noch fünf Jahre ins Land gehen. Würde man bei Risikopatienten die jetzt schon möglichen Niedrig-Dosis-CTs einsetzen, würde jeder kleine Schatten eine Diagnostik in Gang setzen, die nicht immer sinnvoll sei, beschreibt der Arzt das Dilemma.
Abhängigkeitspotenzial des Rauchens wird oft unterschätzt
Die starken Unterschiede bei den Fallzahlen zwischen Männern und Frauen in der Studie kann Maurer aus seiner Praxis nicht bestätigen. Er beobachtet eine Angleichung: Bei Männern sei die Zahl derer, die an Lungenkrebs sterben, rückläufig, die Frauen würden indes aufholen. Außerdem falle auf, dass die soziale Struktur der Bevölkerung eine Rolle spiele: hohe Arbeitslosigkeit gepaart mit geringer Bildung. „Früher hat man durch alle Schichten hindurch gequalmt“, sagt Maurer.
Mit dem Rauchen aufhören ist aber eben nicht so einfach, selbst für bereits erkrankte Menschen. Das Abhängigkeitspotenzial der Raucher werde oft unterschätzt, weiß Maurer. Das Interesse an Patientenseminaren zur Raucherentwöhnung sei jedoch minimal.
3300 Menschen sterben jährlich durch Passivrauchen
Dabei können Raucher schon mit Mitte 30 an Lungenkrebs erkranken, weiß der Pneumologe. Passivraucher, von denen bundesweit auch 3300 Menschen jährlich an Lungenkrebs sterben, seien indes meist schon im Rentenalter.
Kommen Schulklassen ins Krankenhaus, fährt Maurer zur Prävention das ganz große Programm auf. Mit abschreckenden Bildern, vor allem aber mit Lungenkrebspatienten, die von ihrem Schicksal berichten, im Rollstuhl sitzen, bei jedem Satz nach Luft ringen.