Ich werde den Tag nie vergessen. Es war der 1. September 1939, als es am Fenster klopfte und einer sagte „Mobilmachung“. Was heißt das, fragte ich Mama. Keine besondere Antwort, ich hörte nur was von Soldaten aus ...
Wir wohnten in Ruhrort in der der Altstadt. Dort fielen auch die ersten Bomben, somit auch ein Blindgänger. Wir wurden für ein paar Tage bei einem Pastor Richter untergebracht bis alles vorbei war, für uns Kinder ein Erlebnis.
Die erste Zeit war der Krieg für uns ein Abenteuer, wir standen am Hafen und schauten den Scheinwerfern zu, sangen Lieder und freuten uns über jeden Sieg.
Dann wurde es ernster. Wir sollten Splitter sammeln und auf dem Gildenplatz wurde eine kleine Bühne aufgebaut, dort zeigte man uns wie man eine Stab-Brandbombe entschärfte, in dem man den Kopf abdrehte. Zwei Jahre zuvor wurde hier große die 500-Jahr-Feier gefeiert, alle ahnungslos, was kam.
Bei dem ersten Sirenengeheul ging es ab in den Keller, nachdem die Angriffe mehr wurden, mussten wir zur Carp-Schule. Dort war ein Luftschutzkeller etwas sicherer, glaubte man. Zeitgleich wurde unter Militär-Bewachung der Bollwerk-Bunker gebaut. Ich glaube, es waren die ersten Gefangenen und politisch Verfolgten. Wir durften nicht mit ihnen sprechen.
Nun musste man nicht einmal nachts in den Keller, später Bunker, sondern 4, 5, 6mal. Ich schlief nur noch angezogen auf der Lauer, wie ein Hase. Man hörte ob die Bomben Häuser trafen oder ins Wasser fielen, es war anders das Geräusch.
Die Nächte stockdunkel, alles musste ja verdunkelt sein, und von unheimlicher Angst geplagt. Am Tage sah man überall einen großen „Schattenmann“ auf Plakate, den Finger am Mund und darunter stand „Pst, Feind hört mit“.
Meine Mutter zog 1943 nach Beeck, mein zu Hause blieb der Bunker, jeden Abend zog ich los und morgens zurück. Die Angst im Nacken.
Die Angriffe wurden schlimmer, aus Brandbomben wurden Phosphor-Bomben, aus Bomben Luft-Minen.
Dann konnten wir aus dem Ruhrgebiet in die Kinderlandverschickung. Ich war schon im Zug nach Württemberg, bin dann aus dem anfahrenden Zug ausgestiegen, Heimweh. Drei Tage später, nachdem mich alle ausgelacht hatten, bin ich ab nach Prag. Von dort aus nach „Bad .... Vor Heimweh fast gestorben, aber es half nichts. Dort bekam ich die Nachricht, dass wir am 14. Oktober 1944 total ausgebombt waren. Meine Mutter, Bruder und Schwester überlebten, waren auf dem Weg zum Bunker in Ruhrort. „Gott sei Dank“.
Nun war der Bunker unser zu Hause. Im Februar 1944 mussten wir Flüchtlinge betreuen aus Schlesien. Ich war ja noch in der Kinderlandverschickung, aber nur die Oberklasse, wir hörten öfter ein Grollen und fragten was es sei. Da sagte man uns es käme aus der Limonaden-Fabrik. Dabei waren es wohl die Russen, die näher kamen. Denn eines abends hieß es Koffer packen, nur das Nötigste, morgens ging es mit dem Zug nach Hause. Wieder nur die Oberklasse. Ein großes Geheule ging los, es waren auch Geschwister da, aber es durften nur die Älteren mit. Heute weiß ich warum, wegen Vergewaltigungen von Seiten der Russen.
Wieder begann eine schlimme Zeit, unser Zug hatte Rote-Kreuz-Flagge auf dem Dach, um geschützt zu werden. Aber es waren auch Soldaten im Zug. Wir wurden von Tief-Fliegern beschossen, von denen ich bis dahin nichts wusste. Tagelang unterwegs, unter Beschuss. Wir durften nicht aus dem Fenster schauen wenn der Zug anhielt, es hatte seinen Grund. Mütter mussten ihre toten Kinder aus dem Zug entsorgen - grausam. Ich freute mich auf zu Hause, ganz vergessen, dass ich keines mehr hatte. Ich kam in Duisburg an - alles zerstört. Ein kleines Köfferchen und ein Schild um den Hals. Eine Bekannte entdeckte mich durch Zufall und nahm mich mit zum Bunker. Dort erlebte ich das Kriegsende.
Auf jeder Etage im Bunker war ein großer Lautsprecher, aus dem Goebbels Propaganda-Minister Angst vor den Amis und was die mit uns machen würden und kämpfen würden bis zum letzten Mann, predigte.
Man zog noch 14- und 15jährige Mädchen und Jungen ein zum Volkssturm oder Flackhelferinnen, viele kamen nicht wieder. Als die Amis schon in Homberg waren und uns aufforderten die weiß Flagge zu hießen, ging es los, der zog sie hoch, ein anderer runter, mit kam der Bunker noch mal unter Beschuss. Die Amerikaner gaben uns über Lautsprecher Gelegenheit zu bestimmten Zeiten einkaufen zu gehen, bis der erste Schuss wieder fiel.
Ich habe den Einmarsch der Truppen nicht gesehen, bin vor lauter Angst aus meiner Bunkerzelle nicht rau. Für mich waren es damals Feinde nicht Freunde.
Bücher könnte man schreiben.
Es kam die Sperrstunde, Schwarzhandel, Wohnungssucht usw. usw.
Ich wurde die jüngste Kranführerin auf der A.T.H. (August-Thyssen-Hütte).
Heute wohne ich auf der Carpstraße und schaue vom Balkon auf den Bunker. Wir haben nie über den Krieg gesprochen, er wurde auch nicht aufgearbeitet - leider
Ich werde den Tag nie vergessen. Es war der 1. September 1939, als es am Fenster klopfte und einer sagte „Mobilmachung“. Was heißt das, fragte ich Mama. Keine besondere Antwort, ich hörte nur was von Soldaten aus ...
Wir wohnten in Ruhrort in der der Altstadt. Dort fielen auch die ersten Bomben, somit auch ein Blindgänger. Wir wurden für ein paar Tage bei einem Pastor Richter untergebracht bis alles vorbei war, für uns Kinder ein Erlebnis.
Die erste Zeit war der Krieg für uns ein Abenteuer, wir standen am Hafen und schauten den Scheinwerfern zu, sangen Lieder und freuten uns über jeden Sieg.
Dann wurde es ernster. Wir sollten Splitter sammeln und auf dem Gildenplatz wurde eine kleine Bühne aufgebaut, dort zeigte man uns wie man eine Stab-Brandbombe entschärfte, in dem man den Kopf abdrehte. Zwei Jahre zuvor wurde hier große die 500-Jahr-Feier gefeiert, alle ahnungslos, was kam.
Bei dem ersten Sirenengeheul ging es ab in den Keller, nachdem die Angriffe mehr wurden, mussten wir zur Carp-Schule. Dort war ein Luftschutzkeller etwas sicherer, glaubte man. Zeitgleich wurde unter Militär-Bewachung der Bollwerk-Bunker gebaut. Ich glaube, es waren die ersten Gefangenen und politisch Verfolgten. Wir durften nicht mit ihnen sprechen.
Nun musste man nicht einmal nachts in den Keller, später Bunker, sondern 4, 5, 6mal. Ich schlief nur noch angezogen auf der Lauer, wie ein Hase. Man hörte ob die Bomben Häuser trafen oder ins Wasser fielen, es war anders das Geräusch.
Die Nächte stockdunkel, alles musste ja verdunkelt sein, und von unheimlicher Angst geplagt. Am Tage sah man überall einen großen „Schattenmann“ auf Plakate, den Finger am Mund und darunter stand „Pst, Feind hört mit“.
Meine Mutter zog 1943 nach Beeck, mein zu Hause blieb der Bunker, jeden Abend zog ich los und morgens zurück. Die Angst im Nacken.
Die Angriffe wurden schlimmer, aus Brandbomben wurden Phosphor-Bomben, aus Bomben Luft-Minen.
Dann konnten wir aus dem Ruhrgebiet in die Kinderlandverschickung. Ich war schon im Zug nach Württemberg, bin dann aus dem anfahrenden Zug ausgestiegen, Heimweh. Drei Tage später, nachdem mich alle ausgelacht hatten, bin ich ab nach Prag. Von dort aus nach „Bad .... Vor Heimweh fast gestorben, aber es half nichts. Dort bekam ich die Nachricht, dass wir am 14. Oktober 1944 total ausgebombt waren. Meine Mutter, Bruder und Schwester überlebten, waren auf dem Weg zum Bunker in Ruhrort. „Gott sei Dank“.
Nun war der Bunker unser zu Hause. Im Februar 1944 mussten wir Flüchtlinge betreuen aus Schlesien. Ich war ja noch in der Kinderlandverschickung, aber nur die Oberklasse, wir hörten öfter ein Grollen und fragten was es sei. Da sagte man uns es käme aus der Limonaden-Fabrik. Dabei waren es wohl die Russen, die näher kamen. Denn eines abends hieß es Koffer packen, nur das Nötigste, morgens ging es mit dem Zug nach Hause. Wieder nur die Oberklasse. Ein großes Geheule ging los, es waren auch Geschwister da, aber es durften nur die Älteren mit. Heute weiß ich warum, wegen Vergewaltigungen von Seiten der Russen.
Wieder begann eine schlimme Zeit, unser Zug hatte Rote-Kreuz-Flagge auf dem Dach, um geschützt zu werden. Aber es waren auch Soldaten im Zug. Wir wurden von Tief-Fliegern beschossen, von denen ich bis dahin nichts wusste. Tagelang unterwegs, unter Beschuss. Wir durften nicht aus dem Fenster schauen wenn der Zug anhielt, es hatte seinen Grund. Mütter mussten ihre toten Kinder aus dem Zug entsorgen - grausam. Ich freute mich auf zu Hause, ganz vergessen, dass ich keines mehr hatte. Ich kam in Duisburg an - alles zerstört. Ein kleines Köfferchen und ein Schild um den Hals. Eine Bekannte entdeckte mich durch Zufall und nahm mich mit zum Bunker. Dort erlebte ich das Kriegsende.
Auf jeder Etage im Bunker war ein großer Lautsprecher, aus dem Goebbels Propaganda-Minister Angst vor den Amis und was die mit uns machen würden und kämpfen würden bis zum letzten Mann, predigte.
Man zog noch 14- und 15jährige Mädchen und Jungen ein zum Volkssturm oder Flackhelferinnen, viele kamen nicht wieder. Als die Amis schon in Homberg waren und uns aufforderten die weiß Flagge zu hießen, ging es los, der zog sie hoch, ein anderer runter, mit kam der Bunker noch mal unter Beschuss. Die Amerikaner gaben uns über Lautsprecher Gelegenheit zu bestimmten Zeiten einkaufen zu gehen, bis der erste Schuss wieder fiel.
Ich habe den Einmarsch der Truppen nicht gesehen, bin vor lauter Angst aus meiner Bunkerzelle nicht rau. Für mich waren es damals Feinde nicht Freunde.
Bücher könnte man schreiben.
Es kam die Sperrstunde, Schwarzhandel, Wohnungssucht usw. usw.
Ich wurde die jüngste Kranführerin auf der A.T.H. (August-Thyssen-Hütte).
Heute wohne ich auf der Carpstraße und schaue vom Balkon auf den Bunker. Wir haben nie über den Krieg gesprochen, er wurde auch nicht aufgearbeitet - leider
„Die erste Zeit war der Krieg für uns ein Abenteuer, wir standen am Hafen und schauten den Scheinwerfern zu, sangen Lieder und freuten uns über jeden Sieg“: So wie Lieselotte Konrad (geborene Benz) schildern viele Zeitzeugen ihre ersten Kriegserfahrungen. Und für alle kam es schlimmer.
Lieselotte Benz wohnte in der Ruhrorter Altstadt, als die ersten Bomben fielen. Zuerst wurden die Kinder noch angehalten, Bombensplitter zu sammeln, und auf dem Gildenplatz wurde öffentlich vorgeführt, wie man eine Stab-Brandbombe entschärft: „Indem man den Kopf abdreht“, weiß Lieselotte Konrad noch heute.
„Bei dem ersten Sirenengeheul ging es ab in den Keller. Nachdem die Angriffe mehr wurden, mussten wir zur Carpschule. Dort war ein Luftschutzkeller etwas sicherer, glaubte man. Zeitgleich wurde unter Militär-Bewachung der Bollwerk-Bunker gebaut. Ich glaube, es waren die ersten Gefangenen und politisch Verfolgten. Wir durften nicht mit ihnen sprechen“, erinnert sich die 1930 Geborene weiter.
Der Bombenkrieg wurde immer extremer: „Nun musste man nicht ein Mal nachts in den Keller, später Bunker, sondern vier, fünf, sechs Mal. Ich schlief nur noch angezogen auf der Lauer, wie ein Hase. Man hörte, ob die Bomben Häuser trafen oder ins Wasser fielen, das Geräusch war anders. Die Nächte stockdunkel, alles musste ja verdunkelt sein, und von unheimlicher Angst geplagt.“ Bei Tage habe der „Schattenmann“ vor Spionen gewarnt, groß auf Plakaten, den Finger am Mund: „Pst, Feind hört mit.“
1943 zog man um nach Beeck, besser wurde es nicht: „Mein zu Hause blieb der Bunker, jeden Abend zog ich los und morgens zurück. Die Angst im Nacken. Die Angriffe wurden schlimmer, aus Brandbomben wurden Phosphor-Bomben, aus Bomben Luftminen.“
Änderung brachte die „Kinderlandverschickung“ der Ruhrgebietskinder, aber auch andere Probleme: „Ich war schon im Zug nach Württemberg, bin dann aus dem anfahrenden Zug ausgestiegen, Heimweh.“ Letztlich gelangte die junge Ruhrorterin doch in sicherere Gebiete, aber dann: „Dort bekam ich die Nachricht, dass wir am 14. Oktober 1944 total ausgebombt waren. Meine Mutter, Bruder und Schwester überlebten, waren auf dem Weg zum Bunker in Ruhrort. Gott sei Dank!“
Und auch mit der vermeintlichen Sicherheit fernab vom Revier ging’s zu Ende: „Wir hörten öfter ein Grollen und fragten, was es sei. Da sagte man uns, es käme aus der Limonaden-Fabrik. Dabei waren es wohl die Russen, die näher kamen. Denn eines abends hieß es Koffer packen, nur das Nötigste, morgens ging es mit dem Zug nach Hause. Wieder nur die Oberklasse. Ein großes Geheule ging los, es waren auch Geschwister da, aber es durften nur die Älteren mit. Heute weiß ich warum, wegen Vergewaltigungen von Seiten der Russen.“
Der Zug hatte die Rot-Kreuz-Flagge auf dem Dach, aber es waren auch Soldaten dabei. Tiefflieger griffen den Transport an, „tagelang unterwegs, unter Beschuss“. Die jungen Duisburger durften nicht aus dem Fenster schauen, wenn der Zug anhielt. Der Grund: Sie sollten nicht sehen, wie Mütter ihre toten Kinder aus dem Zug brachten.
Aber dennoch freute sich Lieselotte Benz auf die Heimat. Die aber anders aussah als zuvor: „Ich kam in Duisburg an – alles zerstört. Ein kleines Köfferchen und ein Schild um den Hals. Eine Bekannte entdeckte mich durch Zufall und nahm mich mit zum Bunker. Dort erlebte ich das Kriegsende.“ Ihr Fazit: „Wir haben nie über den Krieg gesprochen, er wurde auch nicht aufgearbeitet – leider.“