Duisburg. In Duisburg gastiert vom 14. bis zum 22. Mai der Groß-Zirkus Knie, ein Traditionsunternehmen. An seiner Spitze hat der 36 Jahre alte Sascha Melnjak die Verantwortung für 90 Tiere und 100 Mitarbeiter. Doch aus einer Zirkusfamilie stammt er nicht. Als Kind hat er sich mit dem Manegenvirus infiziert . Seinen Traum von damals hat er sich später erfüllen können. Heute ist er Zirkus-Direktor.

Schuld war die Oma. Ganz klar. Wäre die nicht gewesen, wäre Sascha Melnjak nicht das, was er heute ist: Zirkusdirektor. Damals war er noch der ganz normale sechsjährige Bub einer bürgerlichen Stuttgarter Familie. Dann kam die Oma und nahm Klein-Sascha mit in den Zirkus. Und zack war es geschehen um den Knaben. Fortan trug er das Zirkus-Virus in sich. Die Eltern hatten zunächst noch die Hoffnung, dass sich das „verwächst“. War aber nicht so. „Das hat sich gehalten“, erinnert sich Sascha Melnjak schmunzelnd.

Den Schwaben sagt man ja gemeinhin eine gewisse Bodenständigkeit nach. Da macht auch Sascha Melnjak keine Ausnahme. Erst einmal baute er 1994 sein Abitur, leistete seinen Zivildienst ab und beendete eine Lehre als Groß- und Einzelhandelskaufmann. Ganz solide. Aber in den Ferien war der junge Mann nicht zu halten. Ob Platzanweiser, Kartenabreißer oder was man sonst so in einem Zirkus machen kann, Sascha Melnjak machte alles, Hauptsache Zirkus.

Zu viel Tradition, zu wenig Innovation

Da es nicht viele Menschen gibt, die ihr bürgerliches Leben gerne aufgeben, um mit der Truppe zu reisen und sich um die Verwaltung zu kümmern, wusste der frisch ausgelernte Kaufmann, dass seine Marktchancen ausgezeichnet sind. Fünf Jahre arbeitete er bei drei Großzirkus-Unternehmen, sammelte Erfahrung. „Das war kein Zuckerschlecken“, blickt er zurück. Denn wenn er, als Außenstehender, mit neuen Ideen kam, musste er im Idealfall dicke Bretter bohren, um sie umzusetzen. Kein befriedigender Zustand. Für ihn war da zuviel Scheuklappe, zu viel Tradition, zu wenig Innovation. Deshalb könnte man fast von Fügung sprechen, dass Sascha Melnjak 2006 erfuhr, dass Charles Knie sich zurückziehen, nach Australien auswandern und deshalb seinen Zirkus verkaufen wollte. Sascha Melnjak dachte sich: „Ich mach das jetzt einfach und kaufe.“ Getreu dem Motto: Wenn die anderen das hinkriegen, sollte ich das auch können. „Zurückblickend war das sehr gewagt“, sagt er heute selbst. Aber es hat geklappt. „Teilweise, weil ich gute Leute übernommen habe, die das Rückgrat bilden“, erklärt Sascha Melnjak seinen Erfolg.

So komisch sich das zuerst einmal anhört, die Künstler meint er damit nicht. Sondern die Leute im Hintergrund. Werkstattleiter, Schneider, Elektriker und ganz wichtig, die Reklamekolonne. Was nutzen die tollsten Artisten, wenn niemand kommt, um sie zu sehen. Keine Frage. „Das Programm muss Klasse, Stil und Niveau haben“, weiß der Zirkusdirektor. Aber das Drum und Dran sei das schwierige. Da müsse alles stimmen.

"Zirkus ist ein Freizeitangebot unter vielen"

„Die Kunden sind heute verwöhnt. Der Zirkus ist ein Freizeitangebot unter vielen“, weiß der 36-Jährige. Und nennt als Beispiel die alten Holzbänke, auf denen heute keiner mehr sitzen möchte. „Die Leute erwarten heute einfach mehr Komfort.“ Deshalb hat er investiert. In die Ausstattung, in die Technik, in die Beleuchtung. Aber natürlich auch in das Programm. „Wenn ein Besucher nach zwei Stunden auf seine Uhr schaut, haben wir was verkehrt gemacht“, weiß Melnjak.

Hat er seinen Schritt zum Zirkusdirektor schon mal bereut? „Ich brenne immer noch. Das ist ein Beruf, den man mit viel Liebe und Idealismus machen muss.“ Klar, die Last der Verantwortung für 100 Mitarbeiter und 90 Tiere liegt auf seinen Schultern. Das ist nicht immer ein Zuckerschlecken. Da braucht man auch mal Entspannung. Und wie entspannt sich Sascha Melnjak? „Sie werden jetzt lachen, aber wenn einer in der Nähe ist, dann gehe ich in den Zirkus.“