Einem Hamborner Amtsrichter war im Dezember 2013 der Geduldsfaden gerissen. Normalerweise käme für acht Fälle von Beförderungserschleichung und zweifachen Diebstahl von Tabak kaum jemand hinter Gitter, doch der Amtsrichter sah bei einem 40-jährigen Hamborner Hopfen und Malz verloren: Acht Monate sollte der Wiederholungstäter sitzen. Der zog in die Berufung - mit Erfolg.

Der 40-Jährige blickt auf eine lange Drogenkarriere zurück. 32 Eintragungen weist sein Vorstrafenregister auf. Doch seit neun Jahren ist der Mann frei von Heroin, bekommt regelmäßig Methadon. Seitdem wird er vor allem wegen eines Deliktes verurteilt: Schwarzfahren. Um zu dem Arzt zu kommen, der ihm den Ersatzstoff verabreicht, muss der Hamborner nämlich einmal quer durch die Stadt. Und wenn der Hartz-IV-Empfänger besonders klamm war, fuhr er halt ohne Fahrschein mit der Straßenbahn.

Inzwischen habe er aber einen Zwei-Euro-Job, so der Angeklagte. „Ich kann in meinem erlernten Beruf als Maler arbeiten.“ Demnächst solle er sogar eine Weitebildung bekommen. „Das ist wie ein Sechser im Lotto. Für mich wäre das eine Katastrophe, wenn ich jetzt wieder in den Knast müsste.“ Und vor allem: „Ich muss nicht mehr Schwarzfahren. Mein Arbeitgeber zahlt mir ein Monatsticket.“ Er sei auch mit zwei Jahren Strafe einverstanden, bettelte der 40-Jährige. „Hauptsache, die wird zur Bewährung ausgesetzt.“

Mit vielen Bedenken ließen Staatsanwalt und Berufungskammer Gnade vor Recht ergehen. „Angesichts des Vorstrafenregisters fällt es beinahe leichter, eine Gefängnisstrafe zu begründen“, meinte der Vorsitzende. Doch vor allem der neue Arbeitsplatz ließe hoffen, dass der Angeklagte sich nun endlich am Riemen reiße. Eine sechsmonatige Strafe wurde auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt.