Seit ihrer CD „Scattering Poems“ mit der norwegischen Star-Sängerin Rebekka Bakken gehört Julia Hülsmann zu den gefragtesten Komponistinnen und Pianistinnen der internationalen Jazz-Szene. Die 1968 in Bonn geborene Hülsmann, die ihre Musik auf dem akustischen Edel-Label ECM aufnimmt und deren jüngste Quartett-CD „In Full View“ unbedingt zu empfehlen ist, war jetzt mit dem Bassisten und ehemaligen „Traumzeit“-Chef Tim Isfort sowie dem Mundharmonikaspieler Dirk Friedrich im rappelvollen „Lokal Harmonie“ in Ruhrort zu Gast, das damit seine Impuls-Konzertreihe fortsetzte.

Die derzeit für die Stadt Moers als „Improvisor in Residence“ musikalisch aktive Julia Hülsmann ist für ihre ausdrucksstarken Kompositionen und ihr sensibles Klavierspiel bekannt. Mit ihren Lyrik-Vertonungen von Poeten wie E.E. Cummings und Emily Dickinson gehört sie zu den feinsinnigen Geschichtenerzählern, die mit ihrer Musik imaginäre Bilder und Landschaften entstehen lassen.

Das Trio, das nach Aussage von Tim Isfort auf vorherige Proben verzichtet hatte, eröffnete den Abend mit einer freien Improvisation, die sich von den erwarteten Wohlklängen einer ECM-Produktion grundsätzlich verabschiedete. Für einen reizvollen Akzent sorgte Harmonika-Spieler Dirk Friedrich, der mit seinem markanten Ton an den großen Belgier Toots Thielemans erinnerte.

Insgesamt bewiesen die drei Künstler, wie lebendig der freie und improvisierte Jazz immer noch sein kann, der zum rauen Charme des an die Nachkriegszeit erinnernden Konzert-Lokals mit seinem abgeblätterten Putz bestens passte. Tapfer kämpfte Julia Hülsmann mit den akustischen und technischen Tücken ihres alten Klaviers, das selbstverständlich den Klang eines Konzertflügels nicht erreichen kann.

Im Laufe des Konzerts kamen sich die Musiker dann immer näher, entwickelten musikalische Strukturen und ließen ein ausbaufähiges Profil erkennen. Viel Beifall und ein großes Lob an die Veranstalter für ein besonderes Konzert.