Es war der August 1914 und das Deutsche Kaiserreich zog mit klingendem Spiel in den Krieg, der heute auch als Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts gilt. Auch in Duisburg herrschte in weiten Teilen Kriegseuphorie. Deshalb beschloss der Stadtrat nur einen Monat nach Kriegsausbruch, dass auf dem Kaiserberg ein „schlichter und würdiger Ehrenfriedhof“ eingerichtet werden sollte. 100 Jahre nach Ausbruch des 1. Weltkrieges veranstaltete die Volkshochschule nun eine Führung über diesen Friedhof. Dr. Claudia Euskirchen von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt führte eine kleine Gruppe interessierter Bürger an den Grabmälern der gefallenen Soldaten vorbei.
Siegfried-Figur von 1921
Das niedrige Eingangstor ist schlicht gehalten, nur ein Eisernes Kreuz fügt sich darin ein. So schlicht wie der Eingang ist auch der Friedhof. Einzige Ausnahme ist die erst 1921 aufgestellte Siegfried-Figur von Hubert Netzer, die dem Besucher sofort ins Auge fällt. „Manche sagen, Siegfried stecke sein Schwert hier trotzig wieder in die Scheide“, erklärt Claudia Euskirchen die Pose des Mannes, der zur damaligen Zeit wie sonst niemand sinnbildlich für die Deutschen stand. Noch vor wenige Monaten wurde die Statue übrigens mit Graffiti bekritzelt. „Kein Frieden mit Nazis!“ und ähnliche Botschaften wurden dort aufgesprüht. „Dabei hat das doch nichts mit den Nationalsozialisten zu tun“, betont Claudia Euskirchen. Hier solle nur ein Zeugnis der Geschichte erhalten bleiben. Inzwischen sind keine Parolen mehr zu sehen, die Patina der fast 100 Jahre, die der Statue das typische Antlitz verleiht, konnte allerdings erhalten bleiben.
Ansonsten besticht der Friedhof durch Schlichtheit. Auf den Grabplatten steht nichts als der Name und die Lebensdauer des Gefallenen. Schrecken verbreitet die oft kurze Lebensspanne, die eingraviert wurde. 1896 bis 1915. 1899 bis 1918. Allein diese Zahlen sind für Euskirchen Mahnmale gegen den Krieg, die sich Jugendliche heute ansehen sollten. Nach dem Krieg bekamen diese jungen Menschen in Form des „Sitzenden Jünglings“ von Wilhelm Lehmbruck ein Denkmal gesetzt. Mit all der Desillusion, die dieses Werk ausdrückte, stand es bewusst in Opposition zum monumentalen Siegfried. Bei der Aufstellung im Jahr 1924 war diese Kriegsskepsis noch tragbar, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Lehmbrucks „Jüngling“ rasch als „entartet“ gebrandmarkt. Trotzdem blieb er stehen, vor allem, weil Goebbels persönlich die Statue gewinnbringend ins Ausland verkaufen wollte. Dazu kam es nicht mehr – der „Jüngling“ fiel den Bomben der Alliierten zum Opfer.
Zu wenig Gräber
Der Friedhof wurde im Ersten Weltkrieg von Stadtbaurat Karl Ulrich Pregizer konzipiert. Die Kosten von rund 422 000 Reichsmark, die durch Spenden der Bürger aufgebracht werden konnten, wurden „wegweisend“ eingesetzt. „Der Kaiserberger Ehrenfriedhof wurde zum Vorbild für viele andere Ehrenfriedhöfe in Deutschland“, weiß Claudia Euskirchen. Die klaren Formen des Parks, eingebettet in die Natur, dienten als Blaupause für andere Friedhofsarchitekten. Nur in einem Punkt hatten sich die Planer 1914 vertan. Es wurden ursprünglich nur 100 Grabstätten angelegt. Zu wenig Platz, wie sich später zeigte. Nach dem Krieg fanden 801 Gefallene hier ihre letzte Ruhestätte.