Duisburg. 16 Mitglieder des Duisburger Stadtrates haben sich bereits vor der Kommunalwahl entschlossen, der politischen Bühne den Rücken zu kehren. Einige von ihren waren 20 Jahre lang im Rat.
Wenn Duisburg am 25. Mai wählt, kommen auch neue Gesichter in den Stadtrat. Andere dagegen werden sich verabschieden. Bei 16 Ratsmitgliedern ist auch schon vor der Wahl klar, dass sie auf keinen Fall mehr die Interessen der Bürger vertreten werden, egal wo der Wähler sein Kreuz macht. Sie stehen weder auf der Reserveliste, noch kandidieren sie direkt in einem Wahlkreis.
Zu den bekannteren Gesichtern, die sich verabschieden, gehören sicher Bürgermeister Benno Lensdorf, der „Schul-Experte“ der SPD Hartmut Pietsch, der Linken-Fraktionschef Herrmann Dierkes und das grüne „Urgestein“ Prof. Dieter Kantel, lange Zeit eines der beiden Aushängeschilder seiner Partei. Die NRZ hat bei den scheidenden Ratsmitgliedern nachgefragt, was ihre schönsten und ärgerlichsten Erlebnisse waren, warum sie nicht mehr kandidieren und was sie mit ihrer neu gewonnenen Freizeit anfangen.
Die Gründe
Mustafa Arslan von den Grünen ist erfrischend ehrlich, wenn er bekennt, dass er aus demokratischen Gründen nicht mehr kandidiert: „Ich bin nicht wieder gewählt worden.“ Parteikollege Frank Michael Rich attestiert sich selbst, mit seiner Politik an seine Grenze gekommen zu sein.
Abschied von 180 Jahren Ratserfahrung
Persönliche und gesundheitliche Gründe gibt Georg Berner (SPD) an, während zeitliche und berufliche Gründe bei Yulia Zaslavski (SPD) eine Rolle spielen. Georg Salomon (SPD) hat sich von einer Ratskandidatur verabschiedet, weil er gerne Bezirksbürgermeister von Walsum werden möchte. „Es sollen Jüngere ran“, meint Hartmut Pietsch (SPD) und ist sich da mit Hermann Dierkes (Linke) einig, der darauf verweist, dass er in Kürze 65 Jahre alt wird: „Engagierte politische Arbeit ist knüppelhart und bleibt nicht in der Wäsche hängen.“
Die Erfolge
Angesprochen auf die politischen Erfolge sprechen Hartmut Pietsch, Georg Berner, Frank Michael Rich und Mustafa Arslan vor allem die Schulpolitik und hier den Duisburger Schulkonsens und den Schulentwicklungsplan an. Die Teilnahme an der Abwahl von OB Sauerland nennt Georg Salomon, die Amtseinführung von OB Sören Link zählt für Yulia Zaslavski zu den Erfolgen. Dieter Kantel lobt die Umgestaltung der Innenstadt mit dem Forum. Das tut auch Frank Michael Rich, verweist aber auch auf den hoffentlich bald fertig gestellten Grünen Ring und das Programm „Duisburg an den Rhein“. Dreimal hintereinander genehmigte Haushalte in einer hoch verschuldeten Stadt „ohne Privatisierungen von kommunalen Unternehmen und Sozialschweinereien“, findet Hermann Dierkes erwähnenswert.
Die guten Erinnerungen
Gab es schöne Erlebnisse als Ratsmitglied? Da wird Hartmut Pietsch ganz persönlich: „Als ich meiner Enkeltochter das Rathaus gezeigt habe.“ Hermann Dierkes erinnert sich gerne an die Wahl seines Parteikollegen Erkan Kocalar zum Bürgermeister: „Der erste mit Migrationshintergrund in der Geschichte unserer Stadt.“ Frank Michael Rich erinnert sich gerne an die vielen Kontakte mit den Bürgerinitiativen und Vereinen im Duisburger Süden, Dieter Kantel an die Wahl von Peter Greulich (Grüne) zum Stadtdirektor. Georg Berner fand es immer toll, durch direkten Einsatz etwas für die Bürger erreichen zu können und Georg Salomon nennt die Amtseinführung von Sören Link.
Die größten Ärgernisse
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Und an den erinnert sich Dieter Kantel ganz genau: „Als mir der damalige SPD-Ratsherr Bernarding auf unsere Kritik am immer weiteren Absinken von Walsum durch den Kohleabbau antwortete: Walsum ist in den letzten 50 Jahren schon zehn Meter abgesackt, da kommt es auf weitere fünf Meter nicht an.“ Georg Berner verdarb die „Sperrung der Hubbrücke in Walsum und das nicht erkennbare Engagement der Steag, die Flächen des Bergwerks Walsum nutzbar zu machen“ gründlich die Laune. Hartmut Pietsch und Yulia Zaslavksi bleiben die sehr langen Sitzungen in unguter Erinnerung. Mustafa Arslan nennt den Streit innerhalb der grünen Ratsfraktion, während Frank Michael Rich sagt: „Der Verkauf der Duisburger Freiheit durch Aurelis und dadurch die Abkehr vom Konzept des Fosterplans“. Hermann Dierkes ärgert bis heute, dass OB Sauerland nach der Loveparade-Katastrophe nicht zurück getreten ist. Georg Salomon kritisiert in diesem Zusammenhang die CDU, die keine Konsequenzen gezogen habe.
Das Leben ohne Politik
Da die Ratsarbeit viel Zeit frisst, hat sich die Redaktion gefragt, was die künftigen Ex-Ratsmitglieder wohl mit ihrer neuen freien Zeit anfangen werden. Hartmut Pietsch - oder sollte man besser sagen seine Frau? - hat konkrete Vorstellungen: „Vorerst: Meine Frau plant umfangreiche Renovierungsprojekte.“ Freizeit scheint Dieter Kantel kein Thema zu sein: „Ich bin Wissenschaftler.“ Frank Michael Rich will Initiativen beraten, die ihn kontaktiert haben und ab Herbst ein Forum zu kommunalpolitischen Fragen anbieten. Georg Salomon will sich weiter für den Bezirk Walsum einsetzen und Georg Berner als Knappschaftsältester den Duisburgern zur Seite stehen. Mustafa Arslan hat ein berufsbegleitendes Studium „Sozialmanagement“ an der FH Münster begonnen und will danach „ganz frisch und neuen Ideen“ wiederkommen.
Und Hermann Dierkes? Will sich seiner Verwandtschaft widmen, seine internationalen Kontakte mehr wahrnehmen und der linken Fraktion beratend zur Seite stehen: „Auch wenn ich nicht mehr in der ersten Reihe stehe, gehe ich nicht auf’s politische Altenteil.“
Wer sich jetzt wundert, warum es keine Antworten der scheidenden CDU-Ratsleute gibt, dem sei versichert: Wir wundern uns auch. Denn gefragt hatten wir selbstverständlich. Selbst mehr als zwei Wochen Wartezeit haben aber augenscheinlich nicht gereicht, um auch nur eine einzige Antwort zu erhalten.