Duisburg. . Eine Million Euro hat die evangelischen Kirche in den Umbau des Gemeindehauses an der Wildstraße investiert. Entworfen und umgesetzt wurde der Bau von der Architektin Jutta Heinze. Sie findet es spannend, „Gebäude im Bestand zu sanieren“. Entstanden ist ein funktionaler Kirchsaal mit klaren Linien.

Der Kirchsaal ist nüchtern, puristisch. Durch fünf große Fenster fällt helles Licht in das Gotteshaus an der Wildstraße. Links geht der Blick hinaus auf einen Garagenhof, rechts auf alte Bäume und einen schönen Garten. „Kirche ist kein abgekapselter Raum, das ist der Blick auf die Duisburger Realität“, sagt Pfarrer Winfried Mück. Auf der Suche danach, wie sich die evangelisch Gemeinde Neudorf-Ost zukunftsfähig aufstellen kann, trennten sich die Gläubigen vom zweiten Gemeindehaus an der Bürgerstraße und ließen die Kirche von Jutta Heinze komplett neu gestalten. Die Duisburger Architektin hat schon viele neue Konzepte für Gemeindehäuser entwickelt und realisiert. Ihre Bauten werden von klaren Linien dominiert.

„Eine Kirche ist kein Wohnzimmer, sie kann nicht gemütlich sein. Man soll Respekt vor dem Raum haben“, erklärt Jutta Heinze. Sie erinnert sich an den ersten Eindruck. „Die Kirche versprühte den Charme der 50er Jahre.“ Schlicht, ein bisschen altmodisch. Dabei ist das Gemeindehaus schon 1936 gebaut werden. Damals platzte die Christuskirche am Neudorfer Markt aus allen Nähten. An der Wildstraße gab es indes noch keine großen Siedlungen, die entstanden erst nach dem Krieg. Die Gneisenau-straße war ein Feldweg. Doch alsbald florierte das Gemeindeleben. „Die Leute mochten ihre Kirche auch schon vor der Renovierung. Aber ein heller Raum kann positive Akzente setzen. Vor allem den Kindern gefällt’s hier gut“, so Winfried Mück.

Eine persönliche Atmosphäre

Der Kirchsaal ist funktional, bietet auch Platz für Kindergruppen oder Konzerte. Gleichzeitig ist er nicht zu groß. Intim genug, um eine persönliche Atmosphäre zu schaffen. Die Stühle können in Reihen oder im Kreis angeordnet werden. „In anderen Kirchen können die Kinder kaum über die Bänke schauen, das ist hier anders“, freut sich Mück. Nur der Altar und die Kanzel behalten ihre herausgehobene Position. Jutta Heinze hat sie auf ein kleines Podest gestellt.

Wer die Kirche wieder verlässt, dessen Blick wird auf eine architektonische Spielerei gelenkt. Über der Tür befindet sich ein Fenster, das den Blick zunächst aufs neue Vorderhaus und gleichzeitig zum Himmel freigibt. Durch das Fenster fällt zusätzlich Licht. „Der Blick wird noch einmal nach oben gezogen. Man kann noch einmal inne halten, bevor man die Kirche verlässt“, erklärt Jutta Heinze, die sich von barocken Gotteshäusern nicht beeindrucken lässt. Pfarrer Mück beschreibt die Funktion so: „Wer die Perspektive wechselt, sieht diesen Lichtblick über der Tür.“

Kindergarten wurde auch umgebaut

Jutta Heinze reizt der Umbau von alten Gebäuden. „Zu sehen, was im Bestand möglich ist, ist spannend.“ Die evangelische Kirche Duisburg hat ihr nicht nur den Auftrag an der Wildstraße beschert, auch ein Kindergarten wurde hinter dem Gotteshaus umgebaut – und auch für die Marienkirche in der Altstadt hat sie ein Konzept vorgelegt.

„Meist werden wir angefragt, weil die Bauherren unsere Arbeit kennen. Wer etwas Romantisch-Barockes will, würde nicht zu uns kommen“, erzählt die Duisburgerin. Bei der Stadt-Architektur sieht sie aber noch Entwicklungspotenzial. „Die Innenstadt rund um den König-Heinrich-Platz hat sich sicherlich schön entwickelt, aber in Duisburg wird einfach zu wenig neu gebaut.“ Sie schlägt ein Baulücken-Programm vor, mit dem Zwischenflächen besser genutzt werden oder Gebäudehöhen aufgestockt werden können.

Winfried Mück, der seit 1981 als Pfarrer in Duisburg arbeitet, ist mit der Umgestaltung des Gotteshauses zufrieden. Aber er sagt auch: „Das Wort Gottes ist nicht so sehr von Steinen abhängig.“ Er freut sich, dass viele Gläubige, die früher zur Bürgerstraße kamen, nun den Weg zur Wildstraße finden. Für Ältere hat die Gemeinde extra einen Taxiservice eingerichtet. Rund eine Million Euro hat die evangelische Kirche investiert. „Aber dafür muss man in den nächsten Jahren nichts in die Instandhaltung investieren.“ Das Geld komme nun der Gemeindearbeit zugute.

Umbau der Marienkirche erst einmal gestoppt

„Langfristig werden wir uns überlegen müssen, wie viele Standorte wir uns noch leisten können“, weiß Winfried Mück. So ist der Umbau der Marienkirche erst einmal gestoppt, da der Turm der Salvatorkirche dringend saniert werden muss. In Neuenkamp wird das Matthias-Claudius-Gemeindehaus abgerissen, auf der Fläche der benachbarte Kindergarten neu gebaut.

Mück kennt übrigens keine Berührungsängste. Zwischendurch, als die Wildstraße für Gottesdienste nicht zur Verfügung stand, wich er in die katholische St.-Anna-Kirche aus. „Wir hatten schon immer eine gute Ökumene. Gottes Wort gibt uns Weite im Herzen.“