Die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach fordert nicht nur von den Künstlern große Leistungen, sondern auch viel Ausdauer vom Publikum. Zweieinhalb pausenlose Stunden dauerte jetzt die sehr gut besuchte Aufführung unter Marcus Strümpe in der Salvatorkirche.
Zu erleben ist eine Matthäus-Passion, die viel Ruhe und Größe ausstrahlt. In den Chorälen ist immer auch Mitgefühl an der Leidensgeschichte Jesu zu spüren, während die Kantorei in den Volkschören ins dramatische Geschehen eintaucht. Dabei bewältigt der Chor auch starke Stimmungsumschwünge souverän: So verhöhnt die Kantorei als Spottchor erst Jesus mit den Worten „Wer ist’s, der dich schlug?“ und stimmt einen Moment später den mitleidsvollen Choral „Wer hat Dich so geschlagen“ an. An den richtigen Stellen feuert Strümpe die Kantorei zu kleinen dramatischen Höhepunkten an.
An Vorbildern eines historischen Klangbildes orientiert sich das Orchester, wenn die Streicher leicht angeraut schwingen. In den Arien ergeben sich schöne Momente des Miteinanders zwischen Gesangssolisten und einzelnen Musikern. Konzertmeister Daniel Draganov spielt mit viel Gefühl die obligate Violine in der Alt-Arie „Erbarme dich, mein Gott“. Glänzend gestaltet Pascal Thery die Solo-Violine in der Bass-Arie „Gebt mir meinen Jesum wieder“, und Friedemann Pardall begleitet eindringlich am Cello.
Den umfangreichsten Gesangspart hat Rheinopern-Tenor Corby Welch als Evangelist zu bewältigen. Er artikuliert pointiert und arbeitet die Feinheiten des Textes mit leicht ansprechender Stimme schön heraus. In den dramatischen Momenten bekommt seine Stimme die verschlagen-hinterhältige Färbung eines Charaktertenors.
Sehr gut sind die beiden Bass-Partien besetzt: Mit kräftiger und sonorer Stimme singt Harald Martini den Jesus, strahlt Selbstbewusstsein und Schicksalsergebenheit aus. Peter Schöne kann auf einen reichen Erfahrungsschatz als Opernsänger zurückgreifen und weiß, wie er auch in kurzen Einwürfen nachdrücklichen Eindruck macht.
Sopranistin Myung-Hee Hyun gefällt zwar mit ihrer strahlenden und hellen Stimme, bei ihr versteht man allerdings kaum ein Wort. Ganz anders hingegen die Altistin Marion Eckstein, die mit ihrer wohlklingend-runden Stimme auch die Inhalte vermittelt. – Großer Beifall für alle Beteiligten.