Mechaniker müssten das menschliche Herz eigentlich lieben: Die Maschine pumpt und pumpt, und wenn sie mal eine Panne hat, setzt man ihr Ersatzteile vom Schweine-Herzen oder ein paar Stützröhrchen in die Kranzgefäße ein und das Blut fließt wieder. Doch für Herzchirurgen wie Prof. Dr. Till Neumann sind defekte Einlassklappen dieses kleinen Taktgebers noch immer ein Rätsel, das es zu lösen gilt. Dass ihm schon bald der weltweite Durchbruch mit einem eigenen Patent gelingen könnte, hat er auch dem Science Support Centre am Campus Duisburg zu verdanken.

Er lehrt, er forscht, er operiert, doch bei Patienten mit undichten Einlassklappen kommt Neumann regelmäßig an seine Grenzen. „Das Herz wird mit steigendem Alter größer und größer, es leiert förmlich aus von seiner ganzen Arbeit“, erklärt der leitende Oberarzt vom Herzzentrum des Universitätsklinikums Essen. Die Konsequenz: Die Klappenringe weiten sich, schließen nicht mehr dicht. Wenn es von den vier Herzklappen die Einlassklappe trifft, fließt das Blut aus dem Herzen zurück, pumpt es weniger Blut in den Körper. Der Patient ist müde, abgeschlagen, ringt um Luft – im harmlosesten Fall. „Während Kardiologen bei verengten Gefäßen einfach Stents setzen und eine neue Aortenklappe per Katheter einsetzen können, sind Einlassklappen deutlich schwerer zu erreichen“, so Neumann.

Seit zwei Jahren forscht der 42-Jährige an einem Weg, die kleinen Bausteine bei laufendem Betrieb des Herzens minimalinvasiv zu reparieren. Entwickelt hat er einen acht Zentimeter großen Verschlusskörper, der den Spalt der Einlassklappe abdichtet. Das Material ist Geheimnis dieses Patents – und war die größte Herausforderung: „Der Werkstoff muss immerhin 200 Millionen Herzschläge durchhalten“, so Neumann. Die ersten Tests sind vielversprechend gelaufen, so vielversprechend, dass Investoren Geld für die Marktreifung zuschießen. 1 Million Euro hat die kleine Tandemfirma, die der Kardiologe mit einer BWLerin zur Steuerung seiner Erfindung gegründet hat, dieses Jahr bereits eingeworben. Eine halbe Million an Forschungsgeldern ist 2013geflossen.

Dass Neumanns gute Idee nicht von Medizintechnikfirmen plagiiert wird und er bald selbst die Gewinne seines Patents ernten kann, verdankt er Wolf-Dieter Nußbruch, Gründungscoach der Uni, und der Patentbeauftragten Dr. Stefanie Peschel. Die Universität übernimmt die Kosten für die internationalen Patentanmeldungen, ist später im Gegenzug auch an den Umsätzen beteiligt. Gründungscoach Nußbruch hilft mit Kontakten in die Investorenszene und zu anderen Experten. „Es war hilfreich, Ingenieure kennenzulernen, mit denen ich über Strömungseffekte und Materialeigenschaften für meine Erfindung sprechen konnte“, so Neumann. Vollzeitjob, Patentanwälte, Laborkosten, Versuche, Anträge und nicht zuletzt das Feilen an seiner Idee – als Tüftler hat er genug um die Ohren. Schon in drei Jahren soll der Klappenverschluss dem ersten Menschen eingesetzt werden.

20 Erfindungen von Angehörigen der Universität Duisburg-Essen münden jährlich in einer Ausgründung, 80 Patentfamilien mit Umsatzbeteiligung hält die Einrichtung. Eine zweite Gründerzeit läge am Campus vielen am Herzen. „Wir haben im Ruhrgebiet Hunderte Professoren und Lehrstühle und überall entsteht Spannendes“, so Neumann, „da wäre es wichtig, eine Szene zu etablieren.“ Gründungscoach Nußbruch ist da unverzichtbar: „Trotz allem Start-Up-Optimismus muss immer geschaut werden, ob die Erfindung eine Firma tragen kann.“ Bei Neumann macht er sich keine Sorgen: Läuft alles nach Plan, wartet ein Millionenmarkt auf ihn.