Er hat 600 Kontakte in seinem Mobiltelefon und es vergeht kein längeres Gespräch, ohne dass sein Handy auf der Tischplatte vibriert. Hans Werner Tomalak hat als Sparkassen-Chef Macht und Einfluss, er hat Einblick in nahezu jedes größere Projekt, weil darin in der Regel auch das Geld der Sparkasse steckt. Deshalb gilt er auch bei vielen Entscheidungen als heimlicher Strippenzieher. Tomalak ist ein Netzwerker: Wenn zwei maßgebliche Entscheider miteinander telefonieren, dann hatte mindestens einer vorher schon den Sparkassen-Chef an der Strippe.

In Kürze gibt Tomalak sein Handy ab, am Montag geht er in den Ruhestand und war dann auf den Tag genau 48 Jahre bei der Sparkasse Duisburg. „Es geht ein zufriedener Kapitän von der Brücke. Ich hinterlasse ein gut aufgestelltes Haus“, sagt er.

Vom Orden in die Bank

Es ist eine haus-interne Bilderbuchkarriere, die vom Lehrling am Schalter bis nach ganz oben an die Spitze reicht. Mit 16 Jahren hatte er sich beworben, ohne das Wissen seiner Eltern, die ihn auf das Jungen-Internat des Hünfelder Oblaten-Ordens in Willich-Schiefbahn geschickt hatten. Womöglich wäre er Priester geworden, hätte die Sparkasse ihn nicht eingestellt. Von seiner ersten Station in der Filiale am Dellplatz nahm Tomalak die Sprossen nach oben, wurde mit 31 Personalleiter und zog 2001 schließlich in die Vorstandsetage ein. Er ist der Prototyp eines Sparkassen-Manns, setzt auf das „Brot-und Buttergeschäft“ statt auf Risiko, schwört auf Werte wie Kundennähe.

Gestern hat sich Tomalak intern verabschiedet, 500 Mitarbeiter und Gäste kamen in die Räumlichkeiten am Kuhlenwall, gerechnet hatte die Bank ursprünglich mit 400. Viele wollen sich von ihm verabschieden, auf seinem Schreibtisch liegen Karten mit herzlichen Worten. Sichtlich gerührt war der Vorstandsvorsitzende, als ihm bei der großen Sparkassen-Gala vor wenigen Wochen alle 75 Auszubildenden ein Spalier bildeten.

Der Abschied von den eigenen Mitarbeiter sei ihm wichtiger als der auf einer öffentlichen Bühne, sagt der Bundesverdienstkreuzträger. Was oft als übliche Floskel eines Vorstands daher kommt, findet bei Tomalak den wahren Kern in seiner Laufbahn: Schließlich war er nicht immer Chef, stand vielmehr die längste Zeit auf der Arbeitnehmerseite, als Jugendvertreter, ÖTV-Gewerkschafter, Personalratsmitglied oder Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat. Fast 20 Jahre lang war er Personalleiter, hat die Mehrzahl der Mitarbeiter selbst eingestellt, viele duzen ihn. „Man kennt sich halt nach so vielen Jahren, ich bin hier ja fast schon ein Dinosaurier“, flachst Tomalak.

Eine leichte Schwermut bereite ihm daher der Abschied von den eigenen Leuten, nicht aber vom Spitzenposten. „Ich habe diese Entscheidung schließlich bewusst herbeigeführt.“ Bereits im Juli des Vorjahres hatte Tomalak zum 31. März gekündigt. Vorausgegangen war zu diesem Zeitpunkt eine Debatte über die Novellierung des NRW-Sparkassengesetzes, nach der unter anderem auch die Vorstände künftig bis 67 arbeiten müssen. Tomalak hätte womöglich das halbe Jahrhundert vollmachen können. Doch während das neue Gesetz bereits seit Jahresbeginn gilt, tritt die neue Altersgrenze erst im Juli in Kraft — kurz nachdem Tomalak regulär in Pension gegangen wäre. Schon damals sickerte durch, dass es bei der Entscheidungsfindung in der rot-grünen Landesregierung auch um den Duisburger Sparkassen-Chef geht. Der wiederum kam dem Gesetz mit der Kündigung zuvor, auch „um dem Haus diese Debatte zu ersparen“, wie er sagt.

Dennoch: Der CDU-Mann, den damals eine Ratsfrau am Schalter zum Engagement und Eintritt in die Partei überredete und der zeitweise Fraktionschef in seiner Heimat Voerde war, kann auf ein ungestörtes Verhältnis zu sämtlichen Duisburger Fraktionen blicken, das womöglich am Ende sogar besser schien als zu den „eigenen“ CDU-Spitzenleuten. In die Politik zieht es Tomalak auf keinen Fall zurück, überhaupt wolle er nichts aus dem Beruf in den Ruhestand „hinüberretten“. „Ich werde erst einmal Luft holen und bin froh, wenn ich ab dem 1. April nur noch der Hans Werner Tomalak bin und nicht mehr der Sparkassen-Chef.“