Duisburg. .
Im hell erleuchteten City-Palais geht es am Samstag Abend nicht ganz alltäglich zu. Zwar hört man bei den Gastro-Betrieben das übliche Gläserklirren und Gemurmel, rufen Kinder nach ihrer Oma und bremsen die Drehtüren ihre Benutzer aus, aber die beiden ganz in Schwarz gekleideten, zarten Männer im gläsernen Aufzug fallen aus dem Alltagsbild. Sie liegen flach am Boden, auch mal die Beine nach oben gestreckt, einer verlässt den Aufzug kriechend wie ein Wurm. Scheinbar unbeeindruckt steigen Passanten in den Aufzug, schlecken weiter Eis. Wundern sie sich nicht über das, was da passiert? Und darüber, wie sie selbst zum „Bühnenbild“ werden der Tanz-Performance „Non-Place – dies ist kein Ort“.
Hilflos ausgeliefert
Mit dem City-Palais haben die Tänzer Avi Kaiser und Sergio Antonino einen neuen öffentlichen Ort erobert. Im Lehmbruck-Museum und in Wohnzimmern, in ihrem Tanzraum „The Roof“ und im benachbarten „Garten der Erinnerungen“ sind sie schon aufgetreten, und zur Vorbereitung auf diese Performance, die im Rahmen der „Akzente“ uraufgeführt wurde, sind sie jetzt in diesem seltsamen Gebäude im Herzen der Stadt, unter dessen Dach Philharmonie und Spielkasino, Geschäfte und Gastronomie untergebracht worden sind.
Als die beiden Tänzer sich schließlich vom Aufzug in ein leerstehendes Ladenlokal vorgearbeitet haben, machen Foto-Projektionen deutlich, worum es bei dieser Performance vor allem geht: Um das Ausgeliefertsein an Städte und Straßen, um das Überleben in Betonwüsten. Kaiser und Antonino haben zuvor an solchen Orten – auch im Ruhrgebiet, auch in Duisburg – posiert. Ihre Körper reagieren seismographisch auf diese wenig menschenfreundliche Umgebung, die Menschen niederdrückt, sie in Maschinen verwandelt und einsam und versehrt hinterlässt. Ganz in sich versunken agieren die beiden, ihre Gesichter sind ernst, bleiben mehr als eine Stunde lang so erstarrt wie der grauen Städte Mauern. Die Körper rempeln einander an, sie gehen übereinander hinweg, scheinen aufzubegehren gegen die Wand, suchen aber auch ihren Schutz. Einmal deutet eine Bewegungssequenz den Traum vom Fliegen an, doch es gelingt nicht, zu schwer zieht es den Körper, die Seele zu Boden.
Am Ende kommen blutrote Farbe und ein rollender Stuhl ins Spiel, entsteht das Bild einer Pietà, schließlich das eines Mannes, dessen Kopf, Hände und Füße umhüllt sind und der hilflos hin- und hergeschoben wird. Düsteres Ende einer Tragödie. Viel Beifall.