Duisburg. Die Studentin Katharina Girnuweit will den Duisburger Stadtwerketurm vor dem Abriss bewahren. Daher hat sie als Bachelor-Projekt eine komplette Rettungsaktion entworfen. Um die Kampagne zu einem Erfolgsprojekt zu machen, sind die Bürger der Stadt aufgefordert, sich zu beteiligen.

Die Kampagne ist von vorne bis hinten durchgeplant: Es gibt ein Logo, einen Slogan, Poster, Flyer, Buttons, T-Shirts, Taschen, Bierdeckel, Aufkleber, es gibt Ideen für Aktionen vom Flashmob bis zur Demo - aber noch gibt es keine Bürger, die mitmachen: Katharina Girnuweit rettet den Stadtwerke-Turm bislang sehr kreativ, aber fiktiv. Gewürdigt haben es bislang nur ihre Professoren, die die ganze Arbeit für ihren Bachelor in Kommunikationsdesign an der Hochschule in Krefeld mit „Sehr gut“ benoteten.

"Herz der Stadt" hat die 29-Jährige aus Neudorf ihre Kampagne genannt. © Stephan Eickershoff /WAZ FotoPool

„Herz der Stadt“ hat die 29-jährige Neudorferin ihre Kampagne genannt, die noch „nur“ eine Bachelor-Arbeit ist. Girnuweit ist aber auch eine Überzeugungstäterin, deshalb geht sie jetzt den nächsten Schritt: Kampagne sucht Bürgerinitiative. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Turm zu erhalten.“ Schon als Kind sei er ihr Wahrzeichen und Orientierungshilfe gewesen, Autobahnschilder konnte sie nicht lesen, aber wenn der Turm auftauchte, wusste sie, dass sie bald zu Hause ist.

Als Reverse-Graffiti im Stadtbild

Ausgerichtet hat sie ihre Kampagne zunächst auf die Jüngeren, die sich das neonfarbene grüne Herz mit den Zacken des Turms aufs Auto oder Fahrrad kleben. Das Herz ist eckig, weil es aus der sechseckigen Plattform des Turms heraus entwickelt wurde. Das Logo könnte als Reverse-Graffiti im Stadtbild auftauchen, erste Versuche sind im Tunnel an der Mülheimer Straße zu sehen: Hier hat Girnuweit mit einer Zahnbürste die Logos in den Dreck der Großstadt geschrubbt.

Ideen hat sie reichlich, um die Heimatromantik zu befeuern. So könnte sie sich „Turmführungen“ vorstellen, die nicht hoch nach oben führen, sondern außen rum zu Plätzen, die eine besonders schöne Sicht auf den Turm gewähren.

Abriss ist für 2015 geplant

Hier findet sich das Konzept für den langen Lulatsch

Auf Facebook wird unter Herzderstadt aufgerufen: „Du, rette den langen Lulatsch!“ Fast 400 Likes hat die (noch) fiktive Bürgerinitiativen-Seite bereits erhalten.

Auf der Internetseite www.herzderstadt.de kann man sich das Konzept anschauen, inklusive Merchandise-Artikel und Ideen zur Terminplanung von Aktionen. Wer die Kampagne unterstützen will, kann über herzderstadt@gmx.de Kontakt aufnehmen.

Das Mission Statement lautet: „Willkommen sind auch sämtliche Duisburger Unternehmen, die sich mit Duisburg verbunden fühlen. Wir wollen nicht die Stadtwerke retten, sondern Duisburg sein Gesicht lassen.“

„Es steht alles – was fehlt, sind helfende Hände“, sagt Girnuweit. Die will sie im April bei einer ersten öffentlichen Versammlung zusammentrommeln. Geld für Flyer etc hofft sie über den Verkauf der Merchandise-Artikel einzuspielen. „Ein Sponsor wär natürlich auch super.“ Und dann bliebe ein Jahr für den Kampf – denn der Abriss ist für 2015 geplant.

Und die Stadtwerke bleiben auch bei ihren Abrissplänen, auch wenn derzeit das Denkmalschutzverfahren läuft. Das Schornstein-Trio ist bisher nur vorläufig in die Denkmalliste eingetragen. Jetzt ist es an den kommunalen Versorgungsunternehmen, zur Unterschutzstellung eine Stellungnahme einzureichen. Die sei zur Zeit in Arbeit, hieß es in der Stadtwerke-Zentrale an der Bungertstraße. Bis es tatsächlich zum Abriss des Turmes kommt, dürfte also noch einige Zeit ins Land gehen.

Werden die Duisburger bei diesem Projekt mitmachen?

Selbst die eigenen Eltern halten es für zu teuer, den Stadtwerketurm zu erhalten, auch wenn sie ihn mögen, erzählt Girnuweit. Aber die Frage der Finanzen steht für sie an zweiter Stelle.

Zunächst geht es darum, zu klären, wie wichtig sein Erhalt für die Duisburger und ihr Heimatgefühl wäre. Dann könnte man in einem zweiten Schritt nach neuen Ideen für die Nutzung suchen, die Geld einspielen. Am Ende geht es für die einen um drei grün beleuchtete Rauchrohre und einen Aufzugschacht, insgesamt 200 Meter hoch -- oder um liebgewonnene Großstadtromantik. „Duisburg muss begreifen, dass wir ihn als identitätsstiftend brauchend“, gibt sich die Master-Studentin kämpferisch. Jetzt wo ihre Theorie auf die Praxis trifft, wird es richtig spannend für sie: „Ob wirklich Leute mitmachen?“

Der Stadtwerke-Turm in Duisburg

Er ist das weithin sichtbare  Wahrzeichen Duisburgs schlechthin...
Er ist das weithin sichtbare Wahrzeichen Duisburgs schlechthin... © WAZ FotoPool
Der 200 Meter in den Himmel ragende Stadtwerketurm in Hochfeld.
Der 200 Meter in den Himmel ragende Stadtwerketurm in Hochfeld. © WAZ FotoPool
...vor allem nachts, wenn er grün angestrahlt ist, weist er den Weg.
...vor allem nachts, wenn er grün angestrahlt ist, weist er den Weg. © WAZ FotoPool
Doch die Tage des „Langen“ sind gezählt.
Doch die Tage des „Langen“ sind gezählt. © NRZ
Mit dem Abschalten eines Kraftwerksblocks Ende 2012...
Mit dem Abschalten eines Kraftwerksblocks Ende 2012... © WAZ
...steht nach langer Diskussion nun fest...
...steht nach langer Diskussion nun fest... © NRZ
...dass der Turm fallen soll.
...dass der Turm fallen soll. © WAZ
Dies Entscheidung traf der Vorstand. Es war eine Kostenfrage.
Dies Entscheidung traf der Vorstand. Es war eine Kostenfrage. © WAZ
Mehr als acht Millionen Euro hätte es gekostet, den Turm zu erhalten.
Mehr als acht Millionen Euro hätte es gekostet, den Turm zu erhalten. © NRZ
Seit 1967...
Seit 1967... © NRZ
...bläst der Stadtwerketurm aus drei Röhren die Abgase in die Luft...
...bläst der Stadtwerketurm aus drei Röhren die Abgase in die Luft... © NRZ
...die knapp 200 Meter tiefer in den Heizkraftwerken beim Verbrennen vornehmlich der Kohle aber auch von Klärschlamm oder Hozplettels entstehen.
...die knapp 200 Meter tiefer in den Heizkraftwerken beim Verbrennen vornehmlich der Kohle aber auch von Klärschlamm oder Hozplettels entstehen. © WAZ FotoPool
Der Heizkraftwerksblock IIb schafft als „Kind“ der 60er Jahre nicht mehr die ab 2013 geltenden strengeren Emissionsgrenzen.
Der Heizkraftwerksblock IIb schafft als „Kind“ der 60er Jahre nicht mehr die ab 2013 geltenden strengeren Emissionsgrenzen. © WAZ
Eine Nachrüstung ist zu teuer, so dass der Block abgeschaltet wird. Dann wird auch der Turm aus technischer Sicht nicht mehr benötigt.
Eine Nachrüstung ist zu teuer, so dass der Block abgeschaltet wird. Dann wird auch der Turm aus technischer Sicht nicht mehr benötigt. © WAZ FotoPool
Seit November 1999 wird der Turm bei Dunkelheit ...
Seit November 1999 wird der Turm bei Dunkelheit ... © Hans Blossey
...aus 50 je 250 Watt starken Lichtquellen angestrahlt.
...aus 50 je 250 Watt starken Lichtquellen angestrahlt. © Hans Blossey
Normalerweise begrüßt er Besucher mit einem satten Grün...
Normalerweise begrüßt er Besucher mit einem satten Grün... © WAZ
...der Farbe, in der sich die Stadtwerke präsentieren. Hier in Komination mit dem weihnachtlich geschmückten Theater am Marientor.
...der Farbe, in der sich die Stadtwerke präsentieren. Hier in Komination mit dem weihnachtlich geschmückten Theater am Marientor. © A.Mangen / waz
Zu besonderen Anlässen erstrahlt die 700 Tonnen schwerer Fachwerk-Konstruktion aber auch in anderen Farben.
Zu besonderen Anlässen erstrahlt die 700 Tonnen schwerer Fachwerk-Konstruktion aber auch in anderen Farben. © NRZ
Etwa während der Worldgames...
Etwa während der Worldgames... © WAZ
...als diese im Sommer 2005 in Duisburg ausgetragen wurden.
...als diese im Sommer 2005 in Duisburg ausgetragen wurden. © WAZ
Mit einem Aufzug konnte auch Besucher auf eine der Aussichtsplattformen fahren, wie hier bei einer Leseraktion.
Mit einem Aufzug konnte auch Besucher auf eine der Aussichtsplattformen fahren, wie hier bei einer Leseraktion. © NRZ
Denn die Aussicht über die Stadt war einfach herrlich...
Denn die Aussicht über die Stadt war einfach herrlich... © NRZ
...etwa auf den Norden Duisburg und mit dem neuen Kraftwerk Walsum (links), dem Kraftwerk Voerde (dahinter) und dem Werk von ThyssenKrupp Steel (Mitte)....
...etwa auf den Norden Duisburg und mit dem neuen Kraftwerk Walsum (links), dem Kraftwerk Voerde (dahinter) und dem Werk von ThyssenKrupp Steel (Mitte).... © NRZ
...oder in Richtung Innenhafen:vorne quert die Plessingstrasse, links die Zentrale der Polizeitechnischen Dienste (die grauen Kästchen am Wasser ) dann Lehnkering (in weiß) und die Schwanentorbrücke.
...oder in Richtung Innenhafen:vorne quert die Plessingstrasse, links die Zentrale der Polizeitechnischen Dienste (die grauen Kästchen am Wasser ) dann Lehnkering (in weiß) und die Schwanentorbrücke. © NRZ
...weiter zu den Five Boats im Innenhafen, die Treppenpromenade, dahinter die alltours Verwaltung und  (links davon) der
...weiter zu den Five Boats im Innenhafen, die Treppenpromenade, dahinter die alltours Verwaltung und (links davon) der "Looper". Vorne links ist der Yachthafen zu sehen, rechts der Garten der Erinnerung. © NRZ
...die Salvatorkirche und das Rathaus am Burgplatz.
...die Salvatorkirche und das Rathaus am Burgplatz. © NRZ
...die Schwanentorbrücke mit der Weißen Flotte.
...die Schwanentorbrücke mit der Weißen Flotte. © NRZ
...Siemens in Hochfeld...
...Siemens in Hochfeld... © NRZ
...der Brückenzug der Karl-Lehr-Brücke nach Ruhrort...
...der Brückenzug der Karl-Lehr-Brücke nach Ruhrort... © WAZ
und die Innenstadt.
und die Innenstadt. © NRZ
Weil aber ein Fluchtweg fehlte, durften später keine Besucher mehr auf die Aussichts-Plattformen. Fotos: Stephan Eickershoff, Andreas Mangen, Rudolf Holtappel, Matthias Düngelhoff, Hans Blossey
Weil aber ein Fluchtweg fehlte, durften später keine Besucher mehr auf die Aussichts-Plattformen. Fotos: Stephan Eickershoff, Andreas Mangen, Rudolf Holtappel, Matthias Düngelhoff, Hans Blossey © NRZ
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