Windräder sollen vorzugsweise auf Halden stehen, an Siedlungsrändern darf nicht mehr gebaut werden und die Stadtentwicklung soll sich vor allem auf Brachflächen konzentrieren: Das sind Beispiele aus dem neuen Landesentwicklungsplan (LEP), der die überregionale Planung in den kommenden 20 Jahren regeln wird und jetzt für nachhaltige Diskussionen sorgt. Gestern endete die Frist für Einwände. Und sowohl die Stadt als auch die hiesige Industrie- und Handelskammer haben ihre Bedenken geäußert, was die neue Raumordnung für Duisburg bedeuten könnte.
Blockiertes Wachstum
„Kopfschmerzen“ bereite der Kammer vor allem die Beschränkung beim Flächenverbrauch, die auch für Duisburg „Einschnitte“ bedeute, sagte IHK-Experte Michael Rüscher gestern der NRZ. In ganz NRW sollen künftig nur noch fünf Hektar pro Tag versiegelt werden dürfen, derzeit seien es acht bis zehn, langfristig soll die Grenze gar auf Null sinken. „Die Nutzung von Brachflächen ist aber oft nicht marktfähig, sie liegen mitten im Stadtgebiet, es gibt Konflikte mit der Wohnbebauung“, sagt Rüscher. Lässt sich die Nutzung nicht auf den alten Flächen nicht realisieren, werde Wachstum quasi verhindert. „Das kann es nicht sein, schließlich brauchen wir Entwicklungsflächen für Gewerbe und Industrie. Aber auch neue Wohngebiete wie im Süden der Stadt wären dadurch blockiert“, kritisiert der IHK-Experte.
Allerdings begrüße die Kammer auch zwei Aspekte des neuen LEP: Die Bedeutsamkeit des Hafens wird noch einmal unterstrichen und damit auch die Ansiedlung Hafen-affiner Betriebe im Umfeld gestärkt. Und: Gewerbliche Standorte erhalten eine Schutzzone, beispielsweise sei bei der Planung anliegender Wohnhäuser künftig ein Mindestabstand zu berücksichtigten, so Rüscher. Das Thema dürfte in Duisburg hinlänglich bekannt sein: Derzeit blockiert die Störfall-Abstandsregel den Bau des Factory Outlet Centers in Hamborn.
Potenzial für über 20 Windräder
Diskussionsbedarf gibt es auch beim Thema Windräder. Eine Potenzialanalyse des Landesumweltamtes legt für Duisburg eine mögliche Fläche von 160 Hektar und 69 Megawatt an möglicher Leistung zugrunde - das entspräche mehr als 20 Windrädern, die sich im Stadtgebiet drehen könnten.
Diese Zahlen würden allerdings „nicht mit den tatsächlichen Untersuchungen in Duisburg übereinstimmen“, wie die Stadt in ihrer Stellungnahme schreibt, die der Rat vor zwei Wochen abgesegnet hatte. Überraschend erklärt die Stadt nach der jahrelangen Diskussion, dass sie ohnehin keine Konzentrationszonen für Windräder ausweisen will. Das sei wegen Abstände zur Wohnbebauung und zu Landschaftsschutzgebieten „nicht möglich“. So könnten in Duisburg nur Einzelanlagen errichtet werden - falls die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Wie schwierig das ist, zeigt sich gerade in Mündelheim, wo die Stadtwerke zumindest ein renditefähiges Vorzeige-Windrad ins Überschwemmungsgebiet setzen wollen. Selbst dort, mitten auf dem freien Feld, könnten die Rotoren das Funkradar des Flughafens stören. Ob die Stadtwerke ihre Pläne wieder in die Schublade stecken können, hängt auch vom Urteil der Flugsicherung ab, das weiter auf sich warten lässt.
Dass die Landesplaner vor allem Halden und Deponien verbindlich als Standort für Windräder im Blick haben, hatte vor Ort bereits im Umweltausschuss für Gesprächsstoff gesorgt. Die Planungshoheit der Kommune sah etwa Willi Bies (FDP) verletzt. Zudem habe man jede Menge Geld in die Gestaltung und Begrünung der Deponien gesteckt, was bei einem Windrad auf der Halde dann ja „unnötig“ gewesen sei, so Bies.
Nach dem Entwurf des neuen Plans trifft die Windrad-Nutzung zumindest nicht auf Halden zu, die für Kultur und Tourismus gesichert sind. Insofern hat Duisburg Glück gehabt, dass der neue Plan nicht schon vor Jahren in Kraft trat. Denn sonst würde auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe statt der monumentalen Achterbahn „Tiger & Turtle“ womöglich heute ein Windrad stehen.