Mischa Kuballs Kunstprojekt „New Pott – Neue Heimat im Revier“ hat eine neue Heimat im Lehmbruck-Museum gefunden. Eine Premiere für Dr. Söke Dinkla, ist es doch der erste Ankauf in ihrer Amtszeit als Direktorin des Hauses und darüber hinaus eine „glückliche Fügung“, weil sie Kuballs Arbeit schon seit seinem „Lichtkunstbuch“ vor mehr als zehn verfolgt. Besonders schätzt sie seinen partizipatorischen Ansatz sowie die „klare Idee und Konzeption“.

„Ein Muss für Duisburg“

Kulturdezernent Thomas Krützberg nennt „ein Werk für Migranten und Migration für Duisburg ein Muss“; zugleich war es das erste, für das es Sponsoren zu gewinnen galt. Mit Erfolg: Die Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland und die RWE-Stiftung unterstützten den Ankauf.

Die Ausstellung „New Pott“ wird bis zum 11. Mai im relativ geschlossenen „Kabinett“ im Untergeschoss gezeigt. Fotografien und Videos dokumentieren die Aktion: Kuball hatte im Vorfeld des Kulturhauptstadtjahrs 100 Familien mit Wurzeln in 100 Ländern besucht, die zwischen Duisburg und Dortmund leben. Zu den Besuchen brachte er jeweils eine Stehlampe mit, deren Glasschirm rund geformt ist wie ein Globus. Der Fotograf Egbert Trogemann und ein Videoteam hielt die Begegnungen fest: Mit der jeweiligen Familie – und den verlassenen Raum nach dem Gespräch. Neben diesen 100 Doppel-Fotos sind Videodokumentationen der Gespräche über die Migrations- und Lebensgeschichte und „Zwillingslampen“ zu sehen (je eine blieb in der Familie, die andere bei Kuball). Dazu gestellt wurden drei Büsten von Wilhelm Lehmbruck (Jüngling, Adele Falk und Fritz von Unruh); das erscheint nicht unbedingt schlüssig, aber Kuball sieht es als Hinweis darauf, dass man hier „nur“ den Abbildern der Menschen begegnet.

Kuballs Anliegen klingt banal: „Statt über die Menschen mit den Menschen sprechen.“ Alle sprachen Deutsch, und bis 2009 seien es „sehr offene, neugierige Begegnungen“ gewesen. Die Stimmung habe sich geändert, nachdem Thilo Sarrazin mit „Deutschland schafft sich ab“ Misstrauen geschürt habe.

„Jedes Mal wenn die Tür aufging, öffnete sich ein neuer Kosmos“, sagt Kuball, der auch schreckliche Geschichten etwa von Folteropfern hörte. 400 Stunden Videomaterial gibt es, und deswegen bittet Kuball die Besucher auch um Geduld. „Es gibt nichts Spannenderes als diesen Geschichten zuzuhören.“ Darunter auch die Familie Lababidi aus Duisburg: Er ist Syrer mit deutschen Wurzeln, sie kam als Kind aus Sarajevo – Nahost-Konflikt trifft Balkankrieg, sie wissen, wohin Rassismus und Hass führen können. Die Lababidis möchten, dass ihre Kinder „offene Menschen“ werden.